IFHandwerk e.V.

Am 1. Januar tritt die neue Handwerksordnung in Kraft

Die Auseinandersetzung um die Liberalisierung des Marktzutritts für Handwerker ohne Meisterbrief hat das ganze zurückliegende Jahr beherrscht. Heute treten die Reformen in Kraft. Weitere Reformen der Handwerksordnung werden von der Politik wahrscheinlich so schnell nicht mehr zu erwarten sein. Prüfen Sie also mit unserer Hilfe, ob Sie von den Neuregelungen profitieren oder nicht. Nutzen Sie die telefonische Beratung für Mitglieder. Im nächsten HANDWERKSBERATER werden wir Sie ausführlich informieren. Eine erste Vorabeinschätzung finden Sie in unserer aktuellen Information vom 18.12.2003.

Interessant für IFHandwerks-Mitglieder ist auch die Einschätzung unserer Gegner im Kampf gegen den Meisterzwang. So hat beispielsweise der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) eine erste Einschätzung abgegeben, die nachfolgend zitiert wird.

So bewerten unsere Gegner, die Verteidiger des alten Zunftwesens, die heute in Kraft getretenen Neuregelungen:

Nach Auffassung der etablierten Handwerksvertreter zeit die Neuregelung „Licht und Schatten, wobei der Schatten überwiegt“. Zuerst betont der BWHT seinen Erfolg, dass statt 29 nun 41 Handwerksberufe eintragungspflichtig bleiben: Die etablierten Handwerksvertreter hatten durchgesetzt, dass auch Handwerksbranchen, die eine überdurchschnittliche Ausbildungsleistung aufweisen, meisterpflichtig bleiben:

„Für Baden-Württemberg bedeutet dies, dass rund 88% der bisherigen Anlage A-Betriebe in der Anlage A verbleiben. Das scheinbar nur 12% der Betriebe von der Anlage A in die Anlage B verschoben werden, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies bei den betroffenen Branchen eine vielfach nicht rationale nachvollziehbare Diskriminierung gegenüber den verbleibenden Branchen darstellt und dort für die Zukunft möglicherweise zu erheblichen strukturellen Veränderungen führen wird.“

Die Berufe, die weiter eintragungspflichtig bleiben, sind nur noch begrenzt dem Meisterzwang unterworfen. Der BWHT sieht die Gefahr, dass zusammen mit den bereits bisher bestehenden zahlreichen Ausnahmemöglichkeiten nunmehr „die Ausübungsschleusen für Qualifikationen unterhalb der Meisterprüfung bzw. qualifikationsfreie Ausübungen weit geöffnet“ werden.

Im einzelnen:

  • „In Anlage A kann sich künftig jeder Geselle selbstständig machen, der 6 Jahre Berufspraxis aufweist, davon 4 Jahre in leitender Stellung. Eine solche leitende Stellung ist bereits dann anzunehmen, wenn dem Gesellen eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse übertragen worden waren. Es wird vermutlich davon auszugehen sein, dass die Gerichte hier die Messlatte nicht sehr hoch anlegen werden.“ Wir können nur hoffen, dass die Gerichte dem Gesetzgeber folgen. Sicher sein können Sie hier nicht. Gerade die untere und mittlere Gerichtsbarkeit hört noch sehr stark auf die Handwerkskammern
  • „Daneben sind alle Gewerbe der Anlage A künftig für eine zulassungsfreie selbstständige Ausübung von nicht wesentlichen Teiltätigkeiten geöffnet. Zwar hat das Handwerk hier im Vermittlungsverfahren durchsetzen können, dass eine Anhäufung solcher einfachen Teiltätigkeiten nicht den Kernbereich eines Vollhandwerkes betreffen darf. Da aber andererseits diese Betriebsart zunächst grundsätzlich dem Organisationsbereich der Industrie- und Handelskammern zugeordnet ist, stellt sich die Frage, inwieweit dann ein solches Atomisierungsverbot von den Industrie- und Handelskammern überwacht werden wird bzw. von den Handwerkskammern durchgesetzt werden kann. Diese Sorge wird durch die Tatsache, dass diese Kleinbetriebe dann nicht der IHK angehören, sondern der Handwerkskammer, wenn der Inhaber eine entsprechende handwerkliche Ausbildung aufweist, nicht entkräftet. Denn durch einen einfachen Wechsel in der Betriebsleitung (der Handwerker benennt einfach die berufsfremd ausgebildete Ehefrau als Betriebsleiterin) hat der Betriebsinhaber ein praktisch unbegrenztes Dispositionsrecht hinsichtlich der Kammerzurechnung.“ Die Praxis des Atomisierungsverbots wird Ihnen vermutlich weiter Schwierigkeiten machen. Wichtig ist jedoch, im Zweifel nicht der Handwerkskammer anzugehören. Das erhöht Ihren Handlungsspielrau
  • „Mit großer Sorge ist die mögliche Tragweite der neuen Hilfsbetriebsregelung des § 3 Abs. 3 N. 2 c) zu sehen. Anders als bisher fallen hierunter nunmehr auch komplette handwerkliche Installationsarbeiten durch Werkskundendienste industrieller Hersteller (etwa die Montage von Boilern, Ölbrennern oder Heizkesseln). Durch die Bezugnahme auf den Herstellerbegriff des Produkthaftungsrechts ist ferner fraglich, ob z.B. die Werksniederlassungen der Automobilhersteller mit ihren großen, klassischen Werkstattarealen des Kfz-Technikerhandwerks noch organisationszugehörig sind.“ Dieses Privileg wird vor allem Industriebetrieben und ihren Subunternehmern nützlich werden.

Fazit:

Interessant ist das BWHT-Fazit: „Damit ist festzustellen, dass die novellierte Handwerksordnung zwar formal an der Meisterpflichtigkeit der Anlage A festhält, in der Praxis aber eine Situation schafft, die der eines zulassungsfreien Bereiches sehr nahe kommt.“ Werfen die Propagandisten der Handwerkskammern die Flinte bereits ins Korn?

Die neuen Berufe in der Anlage B sehen zwar die Meisterpflichtigkeit nicht mehr vor, die Meisterprüfung soll aber weiterhin angeboten und als Qualitätsmerkmal im Markt einsetzbar bleiben. Unsere Gegner scheinen es begriffen zu haben, dass für diese Berufe nun endlich die Meisterprüfung sich im Markt behaupten muss, was wir schon lange fordern. Zitat: „Da die Meisterprüfungen dort nicht mehr im Zusammenhang mit einer Zulassungsregelung stehen, dürfte die Chance steigen, Meisterprüfungen dort zur tatsächlichen Qualitätsprüfungen auszugestalten.“ Also: Wenn die Meisterprüfung sich lohnt, wird sie auch weiter abgelegt werden. Was sonst. So ist Marktwirtschaft.

Wenn Sie wissen wollen, ob und wie Sie von den Reformen persönlich profitieren, so rufen Sie in der Geschäftsstelle des IFHandwerk e.V. an: Telefon 040-399 00 332. Ab 5. Januar ist das Büro wieder besetzt.

Zitate: Informationsdienst des BWHT vom 22.12.2003
Anmerkungen: Michael Wörle, IFHandwerk e.V.