IFHandwerk e.V.

Dienstleistungsrichtlinie: Einigung der Wirtschaftsminister beseitigt Herkunftslandsprinzip

Der EU-Ministerrat hat sich geeinigt: Das Herkunftslandsprinzip, das freien Handwerkern ein Tor zur handwerklichen Gewerbefreiheit öffnen sollte, bleibt draußen. Das war der Hauptstreitpunkt am ursprünglichen Kommissions-Entwurf gewesen. Demnach hätten Dienstleister ihre Dienste europaweit nach dem jeweiligen Recht ihres Heimatlandes und nicht mehr nach dem des Gastlandes anbieten können.

Hätte sich die EU-Kommission durchgesetzt, so hätten freie Handwerker mit Betriebssitz im Ausland sich die freieste Regelung aussuchen können. Damit wären auch die Tage des Meisterzwangs in Deutschland gezählt gewesen. Eine Revolution des deutschen Gewerberechts wäre die Folge gewesen. Die Lobbyisten des Meisterzwangs haben sich jedoch durchgesetzt. Es bleibt alles wie es ist.

Wäre diese Regelung umgesetzt worden, können deutsche Handwerker ganz problemlos Firmen im EU-Ausland gründen und von dort aus ganz legal in Deutschland Dienstleistungen erbringen, ohne dass das deutsche Handwerksrecht sie gängeln wird.
Die EU-Kommission hatte sich erhofft, mit den neuen Regelungen, die in der Industrie bereits gelten, einen Wachstumsschub in Europa auszulösen. Kritiker sahen dagegen in der Richtlinie einen Generalangriff auf die deutsche Wirtschaftsverwaltung. Der Bundesrat hatte die Befürchtung geäußert, dass sie „zu einer weitest gehenden Verdrängung der Vorschriften des Staates“ führen würde, in dem die Dienstleistung erbracht wird. Mit anderen Worten: Es ging um weit mehr als nur um die freie Erbringung von Dienstleistungen.

Während die Ängste geschürt wurden, dass bald Horden ausländischer und unqualifizierter Dienstleister wie Heuschrecken über Deutschland herfallen würden, schiefe Häuser bauen und falsche Medikamente verabreichen würden, forderte der Zentralverband des deutschen Handwerks eine Nachbesserung der Richtlinie. Und setzte sich am Ende damit durch. Unter der Überschrift „mittelstandspolitische Ziele“ forderte die Bundesregierung im März verklausuliert, dass die Richtlinie„dem übergeordnetem Interesse an einem weit gefächerten und stabilen Mittelstand Rechnung tragen“ müsse „insbesondere auch hinsichtlich der Auswirkungen auf das Handwerk“. Im Klartext: Der Meisterzwang, Mindestlohnregelungen und Arbeitnehmer-Sozialstandards müssen erhalten bleiben. Außerdem sollten sich die Auswirkungen der Richtlinie nur auf den grenzüberschreitenden Verkehr erstrecken. Inländische Regelungen sollten unangetastet bleiben. Doch gerade auf diese Druck-Wirkung hatte der IFHandwerk e.V. gehofft. Europäisches Parlament und Ministerrat bilden nun eine Abwehrphalanx gegen die Liberalisierungsbemühungen der EU-Kommission. Damit dürfte klar sein: Eine Revolution wird von der Richtlinie für das deutsche Handwerksrecht nicht mehr ausgehen.

Formell muss das Europäische Parlament über den Beschluss des Ministerrats noch beraten. Mit einer endgültigen Verabschiedung wird bis Jahresende gerechnet. Die Mitgliedsstaaten müssen die Richtlinie dann bis Ende 2009 in nationales Recht umsetzen. Das wird eine Änderung der EU-EWR-Handwerksrechts-Verordnung auslösen. Viel ist das nicht.