IFHandwerk e.V.

Kommentar: Zwangsvermeisterung im Schnellverfahren!

Schon morgen, am Montag den 9.9., soll nach Pressemeldungen die entscheidende Sitzung im Bundeswirtschaftsministerium stattfinden. Wie viele Gewerke ab 2020 wieder zwangsvermeistert werden, wissen die beteiligten Verbände (noch) nicht. Die Nachrichtenagentur epd meldet, dass aber noch im September das Bundeskabinett entscheiden soll. Dann geht es Schlag auf Schlag.

Die Sommerpause ist gerade erst vorbei. Bevor die Abgeordneten ihre Aktenstapel nach der Sommerpause geordnet haben, ist der Gesetzentwurf aber schon fertig. Wir reiben uns die Augen. Gerade erst haben wir ein paar Politiker nachdenklich gemacht, ob die sog. „Rückvermeisterung“ richtig ist. Viele Verbände wurden im Bundeswirtschaftsministerium im Juni, kurz vor der Parlamentspause angehört – auch der IFHANDWERK e.V. war vertreten. Auch wurde freiheitliche Stellungnahme des IFHANDWERK e.V. von sieben weiteren Verbänden unterzeichnet. Geigenbauer und unabhängige Bestatter haben eigene Erklärungen abgegeben. Noch mehr Verbände wollen sich anschließen, aber vermutlich bleibt dafür kaum noch Zeit.

Die Befürworter geben vor, mit der Zwangsvermeisterung von freien Gewerken Qualität und Ausbildung besser sichern zu können und zu wollen. In Wahrheit müssen sie ihre Ausbildungszentren besser auslasten, weil sie damit Geld verdienen und sie sorgen sich um ihre Mehrheit in den Handwerkskammerparlamenten. Es geht um Geld und Macht.

Für weitere Diskussionen soll aber keine Zeit mehr sein, weil das Bundeskabinett bereits in 2-3 Wochen entscheiden soll. Dann wird das neue Gesetz im Parlament durchgepeitscht. Dass das gelingt, ist zu erwarten. Denn die Mehrheit der Fraktionen hat sich nach dem ersten Gesetzentwurf der AfD, der (zwar) von allen abgelehnt wurde, aber letztlich mit veränderten Entwürfen aufgenommen wurde, schon vorab positioniert: also bereits lange vor der Anhörung der Verbände. Die Positionen waren in den Hinterzimmern abgesteckt worden, Carsten Linnemann hat zusammen mit dem „Zentralverband des deutschen Handwerks“ (ZDH) die Koalition vor sich her getrieben. Politik bleibt trotz „Schaufenster“-Anhörungen „Hinterzimmer“-Politik. Die Befürwortern des Meisterzwangs hatten sich in ihren Erklärungen abgestimmt und dies nicht ganz ungeschickt inszeniert. So argumentierten die Bestatter, ohne Meisterprüfung würden Trauernde schockiert und Müll im Sarg entsorgt werden. Das ist Stimmungsmache. Will man das regeln, ist verfassungsrechtlich immer das mildeste Mittel zu wählen. So gäbe es die Möglichkeit, Regelungen nach §38 GewO zu wählen. Das sind überwachungsbedürftige Gewerbe wie der Verkauf von Edelmetallen oder Kfz, Detektive oder Ehevermittlungsinstitute. Eine Pflicht zum Führungszeugnis und Gewerbezentralregistereintrag reichen, um unzuverlässige Anbieter fernzuhalten! Wenn es denn darum ginge.

Das Problem: Im Wirtschaftsausschuss des Bundestages wurden überwiegend vom ZDH bezahlte Gutachter angehört. Die hauptsächlichen Gutachten waren vom ZDH bestellt, die Mehrheit der Wirtschaftswissenschaft sieht die geplante Einschränkung des Wettbewerbs mit Skepsis. Hätten die Grünen nicht in letzter Minute noch die Monopolkommission als Sachverständigen benannt, wären unabhängige Meinungen von Kritikern dort überhaupt nicht zur Sprache gekommen. So konnten sich die Abgeordneten nur eine Meinung bilden: Die Zwangsvermeisterung weiterer Handwerksberufe ist sinnvoll.

Der IFHANDWERK e.V. sieht dies mit Skepsis. Er und alle weiteren Verbände, die die Einschränkung der Berufsfreiheit und des Rechtsstaats kritisch sehen, sieht eine Prozessflut aufflammen. Denn natürlich muss wieder genau abgegrenzt werden, wo genau die Grenzen zwischen freier Berufstätigkeit und nur mit Meisterprüfung zulassungspflichtiger Berufstätigkeit gezogen werden kann. Die Abgrenzungsstreitigkeiten sind schon heute kaum überschaubar. Also mehr davon. „Statt sich mit wichtigeren Dingen zu beschäftigen…, kommt dieses Koalition zu solche billigem Schwachsinn“, kommentierte ein Leser eine der ersten Meldungen der „Neuen Westfälischen“ Zeitung. Dem ist nichts hinzuzufügen.