IFHandwerk e.V.

Warum Apple nicht in Deutschland gegründet wurde

In letzter Zeit wurde uns in der Mitgliederberatung mehrfach eine gute Frage gestellt: Was ist einfach? Was darf ich?

Freie Handwerker brauchen zwei Dinge: Sie müssen es dürfen und können.

Einfache Tätigkeiten dürfen Sie frei und ohne Meisterzwang ausüben. Aber wie stellt man fest, was einfach ist? Gesetzgeber und Rechtsprechung legen folgendes fest, dass keine wesentlichen und damit dem Meisterzwang unterworfenen Tätigkeiten insbesondere solche sind, die in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können. Bei der Interpretation, was in kurzer Zeit erlernbar ist oder auch mit einer längeren Ausbildungszeit dennoch frei ist, wird es jedoch schnell kompliziert. Beispiel einer einfachen Tätigkeit ist Tapezieren und überstreichen oder Elektrokabel verlegen. Bei der Steckermontage blockieren Handwerkskammern dagegen schon und meinen, dass das nur mit Meisterbrief möglich sei. Ausführliche Informationen dazu finden Sie im Schwerpunkt der neuen Ausgabe des HANDWERKSBERATER-Newsletters für unsere Mitglieder.

Wenn Sie es aber geschafft haben und Ihre selbstständige Tätigkeit handwerksrechtlich ganz legal ausüben dürfen, heißt das aber noch lange nicht, dass Sie auch alles andere schaffen, es also wirklich können.Wissen Sie, warum Apple nicht in Deutschland gegründet wurde? Gegründet wurde Apple als Garagengründung. Steve Jobs und Steve Wozniak begannen seinerzeit in den USA, Kleincomputer zusammenzubauen. Was wäre in Deutschland passiert? Hier wäre den Apple-Gründern, wie eine deutsche Wochenzeitung pointiert beschrieb, das Ordnungsamt auf die Pelle gerückt wegen unerlaubter Ausübung des Büroinformationselektronikerhandwerks, Elektromaschinenbauer-, Fernmeldeanlagenelektroniker und/oder Radio- und Fernsehtechnikerhandwerk, wie die Gewerke damals noch hießen. Die Entwicklung zeigt: Heute ist Apple die wertvollste Firma der Welt. Ob die Geschichte nur gut erfunden ist oder nicht: Sie zeigt, dass in Deutschland das Einfache manchmal ganz schön kompliziert ist. Geschäftsschädigend kompliziert.

Solo-Selbstständige unter Generalverdacht: Wie Selbstständige sich wehren können

Als Selbstständiger ohne Arbeitnehmer stehen Sie unter einem Generalverdacht. Der Rentenversicherer fragt sich, ob Sie nicht in Wirklichkeit nur zum Schein selbstständig sind. Das Thema ist zwar nicht neu, aber es bekommt eine neue Schärfe dadurch, dass Zahlen bekannt geworden sind, die den Verdacht nahelegen, dass die Prüfer es zunehmend darauf anlegen, Sie auf Beitragspflicht zu prüfen. Der Verband der Selbstständigen VGSD hat Zahlen veröffentlicht, nach denen die Ablehnungsquote bei der Statusprüfung für Solo-Selbstständige stark angestiegen ist: Von 19% auf 46% im Jahr 2013. Nicht die Änderung von Paragrafen schafft eine neue Situation, sondern ihre Handhabung.  „Die Zahlen werden ungern bekannt gegeben“, meinte VGSD-Vorstand Andreas Lutz im Gespräch mit dem IFHandwerk e.V. „Aber sie deuten darauf hin, dass Selbstständigen das Leben immer schwerer gemacht wird“. „Die Verwaltungspraxis zeigt, dass Sie als Selbstständige nur noch eine 50%-Chance haben“, meint IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle. Aus diesem Grunde hat der VGSD eine Kampagne initiiert, die Sie mit unterstützen können: http://www.vgsd.de/

Einzelkämpfer, Solo-Selbstständige haben eine zu schwache Lobby. Aus diesem Grunde haben der VGSD und der IFHandwerk eine Kooperation beschlossen. „Nur wenn wir unsere Anstrengungen bündeln, können wir der Stimme der kleinen Selbstständigen mehr Gehör verschaffen“, sagte IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle. Deutschland hat ein Problem mit seinen Selbstständigen. Es sind meist Beamte und Angestellte, die solche Regelungen beschließen und umsetzen. Die verstehen nicht, womit Selbstständige Tag für Tag kämpfen müssen. Für IFHandwerk-Mitglieder sind die neuen Serviceleistungen des VGSD kostenlos.

„Schluss mit der Hexenjagd“ hat der VGSD seine Kampagne betitelt. Fast jeden Selbstständigen kann es treffen: Auch wer fair bezahlt wird und gut fürs Alter vorsorgt, dem unterstellt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mittlerweile „Scheinselbstständigkeit“. Bei größeren Aufträgen drohen Strafen im fünf- und sechsstelligen Bereich und strafrechtliche Verfolgung, obwohl selbst erfahrene Anwälte vorab keine Rechtssicherheit herstellen können. Insbesondere große Unternehmen stoppen nun die Beauftragung von Solo-Selbstständigen und Freiberuflern. Per Gesetz soll die rigide Verwaltungspraxis festgeschrieben und weiter verschärft werden.

Das möchten beide Verbände gemeinsam ändern. Deshalb sind alle Selbstständigen aufgefordert, die Kampagne mit zu unterstützen. Sie können namentlich oder anonym unterschreiben, das steht Ihnen frei. Die meisten der bisher 9000 Unterstützer bekennen sich zu ihrer Meinung. Aber natürlich kann auch Ihr Prüfer lesen, wozu Sie sich bekennen. Entscheiden Sie und machen Sie mit: Hier gehts zur Kampagne Scheinselbststaendigkeit.

Sie finden weitere Informationen zu folgenden Fragen

  • Bin ich auch betroffen? Oder hat das alles nichts mit mir zu tun?
  • Welche Konsequenzen drohen mir schlimmstenfalls?
  • Wie kann ich mich schützen? Wasserdichter Vertrag? GmbH-Gründung?
  • Sollte ich ein Statusfeststellungsverfahren machen?
  • Was ist die Gesetzeslage? Welche Änderungen sind geplant?
  • Was sind Eure Forderungen?
  • Ist es nicht gut, wenn etwas gegen Scheinselbstständigkeit getan wird?
  • Würde eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige das Problem lösen?

Meisterzwang: Ende der Debatte. Bundestag hat entschieden

Der Deutsche Bundestag hat gestern mit großer Mehrheit (und ohne Debatte) einen von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entschließungsantrag zur Stärkung des Handwerks in Deutschland und zum Erhalt der Meisterpflicht angenommen. Bundeswirtschaftsminister Gabriel begrüßte den Beschluss des Deutschen Bundestags als „starkes Signal für das deutsche Handwerk“. Meisterpflicht, duale Ausbildung und die Selbstverwaltung der Wirtschaft hätten sich hervorragend bewährt.

Der einzige kritische Beitrag kam vor 2 Wochen von den Grünen. Dr. Thomas Gambke wies auf die rechtsstaatlichen Schwächen des deutschen Handwerksrechts hin. Ein Gesetz (die deutsche Handwerksordnung), welches auf Schritt und Tritt unbestimmt ist, soll gestärkt werden. Damit werden Unklarheiten nicht beseitigt, Nachfolgeregelungen erschwert, Existenzgründungen nicht gefördert, wohl aber die Zusammenarbeit mit dem Teil der Handwerksorganisation, der von der Meisterprüfung lebt, aber seine Kurse nicht voll bekommt. Es wird eine Struktur gestärkt, die auf Zwang statt auf Überzeugung setzt. So werden Existenzgründer abgewiesen mit dem Hinweis, sie mögen ihre Produkte lieber aus dem Ausland importieren (erlaubnisfreier Handel) statt sie selbst zu produzieren (erlaubnispflichtiges Handwerk). Damit wird das Grundrecht auf freie Berufswahl, das Prinzip der Marktwirtschaft, beschädigt und die europäische Einigung gebremst. Gabriel müsste es eigentlich besser wissen. Denn schließlich war es sein sozialdemokratischer Vorgänger Clement, der die Liberalisierung im Handwerk in der rotgrünen Bundesregierung vor 10 Jahren durchgesetzt hatte.

Kritische Töne zum Meisterzwang: Grüner Abgeordneter beschuldigt die Bundesregierung des „Plagiats“

Dr. Thomas Gambke, bayerischer Bundestagsabgeordner von Bündnis 90/Die Grünen, hat in einer bemerkenswerten Rede die Regierung des Plagiats beschuldigt: Im Bundestag wurde am Freitag, den 5.12.2014, ein gemeinsamer Antrag der Koalitionsfraktionen auf Initiative der Unionsfraktion auf Erhalt des Meisterzwangs im Handwerk diskutiert, der in weiten Teilen abgeschrieben sei. Dieser Antrag richtet sich gegen die von der EU in Gang gesetzte Regulierung des Handwerks in Deutschland, welche nur „überprüft“ werden soll.

Gambke, der nicht gegen den Meisterzwang antritt, fordert Konkretes. Es reicht nicht, Positionspapiere des etablierten Handwerks abzuschreiben, notwendig sei, dass die Bundesregierung Konkretes liefert. Plagiate seien (so wörtlich) „Arbeitsverweiterung“. Hierbei sei es auch notwendig, sich mit den bekannten Blockaden im Handwerk zu beschäftigen, die Innovationen und Veränderung verhindern. Denken, statt Abschreiben, fordert Gambke.

Gegen die EU-Überprüfung des deutschen Meisterzwangs fährt das Handwerk unter Führung des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH) ein groß angelegte Kampagne. Der Tenor ist immer der Gleiche: Schutz der Privilegien auch in einem vereinigten Europa. Der Antrag hat die Überschrift „Der deutsche Meisterbrief – Erfolgreiche Unternehmerqualifizierung, Basis für handwerkliche Qualität und besondere Bedeutung für die duale Ausbildung“. Darin betonen der CDU-Abgeordnete Dr. Meister und seine Mitstreiter den „erheblichen Beitrag“ des Handwerks „zur Fachkräftesicherung in der Gesamtwirtschaft“ und fordern deshalb den Erhalt des Meisterzwangs im Deutschland. Am Ende haben aber alle Fraktionen der Überweisung des Antrags an die zuständigen Ausschüsse zugestimmt. Tenor des Antrags: Die EU soll uns in Ruhe lassen, die Regulierung soll nationale Zuständigkeit bleiben.

Die kritische Rede können Sie auf youtube im Original hören:

https://www.youtube.com/watch?v=svxSDUVqLaY

Mehr Informationen zur Debatte des Bundestages und dem Antrag:

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/kw49_de_meisterbrief/343572

 

 

Landtag Nordrhein-Westfalen: Grün-schwarz für den Schutz des handwerklichen Meisterbriefs!

Der Landtag in Nordrhein-Westhalen (NRW) hat nun mit einem Antrag kurz vor Weihnachten (Drucksache 16/4574 am 10.12.2013) in einer fraktionsübergreifenden Initiative die Bundesregierung und die Europäische Union (EU) aufgefordert, sich „für den Meisterbrief als Siegel für Qualität“ einzusetzen. Kurz: Die GRÜNEN  und die CDU setzen sich gemeinsam für den Meisterbrief ein. Das hätte es früher nicht gegeben. Haben die GRÜNEN ihre Position gewechselt?

Seitdem die Europäische Kommision in ihrem jüngsten Länderbericht  den deutschen Meisterzwang im Handwerk als „ungerechtfertigte Beschränkung“ und „Marktzutrittsschranke“ kritisiert hat und seine Abschaffung empfohlen hatte, läuft das organisierte Handwerk Sturm dagegen.  Solche Bekundungen sind nicht neu und an sich nicht aufregend. Interessant ist allerdings, dass auch die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN sich hinter diesen Antrag stellt. Schließlich war es die rot-grüne Bundesregierung, die 2004 die Deregulierung im Handwerk durchsetzte und von 93 Handwerken 53 Gewerke vom Meisterzwang befreite. Dazu zählen auch die vielgeschmähten Fliesenleger, Raumausstatter oder Schuhmacher, die dieses Recht angeblich seither mißbrauchen. Der dadurch ausgelöste Gründungsboom im Handwerk ist dem Zentralverband des Handwerks (ZDH) und den Handwerkskammern ein Dorn im Auge.

In dem Antrag wird die Meisterpflicht als „äußerst erfolgreiche Unternehmerschulung“ mit „besonderer Bedeutung“ hervorgehoben. Der Meisterzwang stelle angeblich „kein Gründungshemmnis“ dar. Warum, so fragen sich Beobachter, haben die GRÜNEN dann den Meisterzwang 2004 so stark eingeschränkt? Kein Wort mehr von dem Mißbrauch des Handwerksrechts zur Behinderung von Konkurrenten, von der nachweisbaren Gründungsbremse, der mit dem Meisterzwang verbundenen ruinösen Schikane von Handwerkern ohne Meisterbrief durch hohe Bußgeldforderungen bis hin zur Erpressung. Kein Wort mehr von dem entschiedenen Urteil der „Monopolkommission“, die sich mehrfach eindeutig für eine „gänzliche Abschaffung des Meisterzwangs“ ausgesprochen hat, weil „die Verhältnisse im Handwerksgewerbe keine wirtschaftliche Sonderstellung“ und keine Ausnahmen in der Berufs- und Gewerbefreiheit rechtfertigten. Punkt.

Haben die GRÜNEN die Fronten gewechselt? Vorausgegangen war dem Antrag „eine Initiative der CDU und ein SPD/GRÜNER Antrag … mit dem Ziel, dem Vorstoß der Monopolkommission entgegenzutreten“, antwortete die gründe Landtagsabgeordnete Daniela Schneckenburger auf eine disbezügliche Anfrage des IFHandwerk e.V. Sie fordert eine Überprüfung (Evaluation) der Handwerksreform von 2004. Dieser Initiative wird nun von CDU und GRÜNEN gemeinsam vertreten. DIE GRÜNEN möchten aber angeblich nur die Überprüfung der Reform von 2004. Sie möchten wissen, ob sich die Zahl der Kleinstselbstständigen ohne Ausbildungsbereitschaft tatsächlich so stark erhöht hat. Schneckenburger: „Damit ist ausdrücklich nicht gemeint, … die Novelle von 2004 und damit die Abschaffung der Meisterpflicht für ca die Hälfte der Gewerke zurückzunehmen.“

Unser Eindruck: Die Grünen bewegen sich trotz solcher Bekundungen weg von ihrer früheren kritischen Position zum Meisterzwang. Ein solcher Antrag gemeinsam mit der CDU wäre früher undenkbar gewesen. Allerdings werden sie die mehrheitlich liberale Position der Europäischen Union damit nicht aufweichen. Sie sind schlicht und einfach auf Stimmenfang beim etablierten Handwerk.