IFHandwerk e.V.

Die Kurzlebigkeit der Politik

Was tun, wenn sich die Ereignisse überschlagen? Nicht nur bei den Energiekosten…

Politik ist sooo schnelllebig. „Vorgestern“ wurde der neue Wirtschaftsminister Habeck noch in den Himmel gelobt. Er war der beliebteste deutsche Politiker (https://bit.ly/3EfZUiZ). „Gestern“ sind fast alle (außer den Insolvenzverwaltern über ihn hergefallen (nach seinem Auftritt bei Maischberger: https://bit.ly/3Ef7utV), nun kommt ein 200 Mrd-Entlastungspaket, doppelt so viel wie die 100 Mrd für die Bundeswehr. So hat sich die Ampel-Koalition Regieren sicher nicht vorgestellt.

Geringverdiener in Not: Zuerst Corona, dann die Energiekrise, danach die Inflation. Beides war Thema des letzten HANDWERKSBERATERs, den unsere Mitglieder bereits zugeschickt bekommen haben. Dazu kommt: Die Baufinanzierungszinsen haben sich fast verfünffacht, die Lieferketten (fehlendes Material) sind schon seit Corona ein Thema. Deutschland steuert auf eine Rezession zu. Wenn Sie ganz konkret Hilfe brauchen, um agil und clever durch die Krise zu kommen, dann nutzen Sie unsere Hotline: 040 399 00 167 (für Mitglieder kostenlos).

Eine gute Nachricht:

Die Corona-Rückforderungsbescheide werden zunehmend von deutschen Gerichten aufgehoben. Zuletzt beispielsweise https://bit.ly/3CrAr4l das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen oder das Verwaltungsgericht Köln https://bit.ly/3M5GX3P

Eines unserer Mitglieder freut sich hier auf Mitstreiter, um sich gegen ungerechte Rückforderungen zu wehren. Verwaltungschaos auf dem Rücken von Selbstständigen darf sich nicht lohnen. Das gleiche gilt natürlich für die Zulassungspflicht von Handwerkerinnen und Handwerkern. Rufen Sie uns an.

Koalitionsvertrag: Was haben Selbstständige von der neuen Bundesregierung?

„Freie Handwerker schauen optimistisch auf die neue Regierung“, sagt IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle. „Das Programm der kommenden neuen Regierung könnte Selbstständigen erstmals einen zentraleren Stellenwert einräumen.“ Mit einem historischen Wechsel im Bundeskanzleramt wird das 2. Corona-Jahr zu Ende gehen. Wenn Olaf Scholz noch vor dem 17.12.2021 zum Kanzler gewählt wird, wird er Angela Merkel daran gehindert haben, die Kanzlerin mit der längsten Amtszeit zu werden und Helmut Kohl zu schlagen, das das Nachrichtenmagazin „Stern“ ausgerechnet (Link: https://bit.ly/3cM2U7c). Was plant die neue Regierung? Wir haben uns den Koalitionsvertrag der zukünftigen Regierung einmal kritisch angesehen.

Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung kommen erstmals Selbstständige überhaupt richtig vor. Catharina Bruns hatte das während der Koalitionsverhandlungen in einem Kommentar zum ersten Sondierungspapier der drei Parteien treffend auf den Punkt gebracht (Link: https://bit.ly/3FJyn6E). Kernsatz: „Was Selbstständige … verdient hätten, wäre Anerkennung durch echte Reformen. Etwa des Statusfeststellungsverfahrens zur Abgrenzung von Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung. In Deutschland muss man im Zweifel schließlich der Rentenversicherung beweisen, dass man nicht nur zum Schein selbstständig ist.“

Einiges von den diskriminierenden Praktiken zur Verhinderung von Selbstständigkeit in Deutschland, worum der IFHandwerk e.V. die letzten Jahre zusammen mit 30 anderen Verbänden von Selbstständigen gerungen hat, könnte nun tatsächlich besser werden.

Das sind die notwendigen Reformen, die der Koalitionsvertrag in Aussicht stellt: Absenkung der Krankenkassenbeiträge für Geringverdiener in der GKV. Ein erleichterter Zugang zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige und GmbH-Geschäftsführer und die Verlängerung der Neustarthilfe im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus (mit Steuermitteln!), vielleicht ähnlich wie beim Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer. Aber auch eine Pflicht zur Altersvorsorge, die allerdings auch mit der alten Regierung gekommen wäre. Diesmal aber mit der von uns gewünschten Wahlfreiheit, also auch kapitalgedeckter Altersvorsorge. Das haben offensichtlich die beiden kleineren Parteien (Die Grünen/FDP) der SPD abgerungen. Der Kernsatz dieses neuen Denkens lautet wie folgt: „Selbständige sind wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Nach der aktuellen Reform des Statusfeststellungverfahrens führen wir im Lichte der Erfahrungen einen Dialog mit Selbständigen und ihren Verbänden, um dieses zu beschleunigen und zu verbessern. Ziel ist, in der digitalen und agilen Arbeitswelt unbürokratisch Rechtssicherheit zu schaffen.“ Wir sind also angekommen. Unsere Kritik beim Thema Scheinselbstständigkeit und Altersvorsorgepflicht hat gefruchtet.

Anders sieht es beim Meisterzwang aus. Hier hat sich offenbar die Meisterlobby durchgesetzt. Sie bekommt noch einen „Goody“ on top: Meisterprüfungsvorbereitungskurse sollen stärker bezuschusst werden.  Vermutlich reicht der Meisterzwang alleine nicht aus, um Handwerker ohne Meisterbrief zur Prüfung zu bringen.

Der Vertrag atmet an vielen Stellen trotzdem eine neue Haltung. Die neue Koalition wird nicht nur auf die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften hören, sondern auch auf uns – auf die organisierten Selbstständigen und ihre Verbände (Link: https://www.bagsv.de/news/). Wir werden die neue Regierung kritisch, aber dialogorientiert beobachten und begleiten.

Anders als beim Meisterzwang, wo sich die Meisterlobby durchgesetzt hat. Hier gibt es noch einen Goody on top: Meisterprüfungsvorbereitungskurse sollen stärker bezuschusst werden.  Vermutlich reicht der Meisterzwang alleine nicht aus, um Handwerker ohne Meisterbrief zur Prüfung zu bringen.

Der Vertrag atmet an vielen Stellen trotzdem eine neue Haltung, nicht nur auf die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zu hören, sondern auch auf Selbstständige und ihre Verbände. Wir werden die Regierungspolitik kritisch und dialogorientiert beobachten und begleiten.

Meisterzwang: Bald keine Handwerker mehr ohne Meisterbrief?

Das ist ja ein Ding: Während die Ampelwilligen noch über eine neue Regierung und einen Koalitionsvertrag verhandeln, machen sich die Fernsehredakteure Jens Gaiser und seine Frau Constanze als Bäcker selbstständig. Auf einer deutschen Ferien-Insel, wo es kaum Handwerker gibt und einen Handwerker zu finden, einem Lottogewinn gleich kommt. Wenn da nicht der deutsche Meisterzwang wäre.

Der Vater von Jens Gaiser war hier schon als Bäcker selbstständig. Der Sohn aber hat erst mal auf dem Festland Karriere beim Fernsehen gemacht. Die Insel besuchten Jens und Constanze nur im Urlaub. Aber auf der Insel ist es üblich, mit anzupacken. Sogar für die Feriengäste, wie der NDR berichtet. Die Bevölkerung von knapp 500 Menschen verzehnfacht sich im Sommer auf der kleinen Insel. Ein Fischladen ohne Ahnung vom Fisch? Ein Back-Shop ohne Bäckermeister? Was wäre, wenn die zuständigen Behörden das einfach verbieten würden?

Was auf der kleinen Insel mit Liebe, Kreativität und Selbsthilfe ganz praktisch Tag für Tag gelöst wird, droht nun bald ganz Deutschland. Seitdem der Meisterzwang 2020 wieder auf 12 zulassungsfreie Gewerke wie Raumausstatter oder Fliesenleger ausgeweitet wurde, wird sich der Handwerkermangel nicht nur auf der Insel verschärfen. Mangelnder Nachwuchs durch die demografischen Entwicklung + Bürokratie wird nicht nur für potentielle Kunden den Handwerkermangel verschärfen. Die Zugangsbeschränkung wird sogar für die Profiteure der Bürokratie, die durch Meisterzwang weniger Konkurrenz haben, zunehmend Schwierigkeiten machen. Dann nämlich wenn auch alt eingeführte Meisterbetriebe ihr Lebenswerk verkaufen wollen und der Nachfolger keine Zulassung bekommt. Oder nur mit der Auflage verkauft werden kann, einen Handwerksmeister einzustellen. Das wird den Verkauf des Unternehmens erschweren oder verhindern. Und die Firma ist plötzlich weniger wert.

Nicht alles was also Konkurrenzschutz verspricht, ist auch für etablierte Betriebe von Vorteil. Ganz zu schweigen von den Kunden, die mit der Angebotsverknappung entweder keinen Handwerker mehr bekommen oder nur noch zu deutlich höheren Preisen. Das alles sind Argumente, die bei den Anhörungen zur Neuregelung des Meisterzwangs vorgetragen wurden, aber verhallten.

Zurück nach Baltrum. Der Fernsehredakteur hats gut gemacht. Eine Bäckerei ohne Meisterbrief wurde es nicht, sondern ein Cafe mit frischen Brötchen und leckeren Torten: Das ging. Guten Appetit. „Sehr leckere Sachen ein gemütliches Ambiente“, schreiben Gäste auf Google. Hauptsache es schmeckt.

Der Politik sei geraten: Vergesst die Selbstständigen nicht. Die SPD, die die im Jahr 2019 durchgedrückte „Rückvermeisterung“ mit zu verantworten hat, wird sich hoffentlich von ihren grünen und gelben Koalitionspartnern mehr Verständnis und mehr Entbürokratisierung abringen lassen. Sonst müssen Selbstständige noch mehr arbeiten, nur um viele Formulare auszufüllen und am Ende erklärt zu bekommen, dass die Selbstständigkeit nicht geht.

Zeitdruck und 14 Stunden-Tage waren die Cafe-Inhaber Jens Gaiser und seiner Frau Constanze Gaiser auch als Redakteur gewohnt. Die gebürtige Chemnitzerin war im alten Job die Vorgesetzte ihres Mannes und ist nun seine Geschäftspartnerin. Hier auf der Insel haben sie trotz der vielen Arbeit mehr Zeit für ihre Familie. Der Sohn Quin macht seine Hausaufgaben im Cafe. In der Großstadt ging das nicht. Hier war er länger als andere in der Kita. Der Job macht beiden Eheleuten Spaß. Zurück auf die Insel, einfach ein Cafe aufmachen, aber auch Zeit haben für die gehbehinderte Mutter: Das alles sind häufige Motive für die Selbstständigkeit. Freiheit, selbst bestimmt arbeiten, etwas Neues ausprobieren, die Welt verändern. Typisch selbstständig. Sie haben es nicht bereut. Liebe Behörden: Quält die Selbstständigen nicht. Sonst gibt’s bald keine frischen Brötchen mehr. Nicht nur auf Baltrum.

Das Bürokratieproblem der CDU/CSU

In einem aktuellen Interview gab der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet zu Protokoll, dass er die Enttäuschten der CDU-geführten Bundesregierung mit Bürokratieabbau zurückgewinnen möchte. Wörtlich sagte Laschet, er „… glaube, dass vieles von dem, was Friedrich Merz will, … auch bei uns in NRW schon Realität ist: Bürokratieabbau, den ländlichen Raum… nicht durch Überregulierung strangulieren, eine neue Existenzgründungswelle lostreten.“

Weiß Laschet nicht, dass die große Koalition unter dem CDU-Wirtschaftsminister Altmaier gerade erst eine Gründungswelle im Handwerk „gekillt hat“? Die Novellierung der Handwerksordnung mit der Wiedereinführung des Meisterzwangs hat 68% aller neu gegründeten Gewerke wie Fliesenleger und Raumausstatter wieder dem Meisterzwang unterworfen, so dass Existenzgründer, die nicht vorher gegründet haben, mit neuen bürokratischen Anforderungen überzogen werden und ihre Kunden der Vertragsfreiheit beraubt werden. Wie will er da eine neue Existenzgründungswelle lostreten?

„Das Bürokratieproblem der Unionsparteien ist, dass sie immer nur mit dem Blick eines Einäugigen auf die Wirtschaft guckt“, meint IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle. „Bürokratieabbau war bislang immer nur ein Lippenbekenntnis und mit der letzten Handwerksnovelle hat die Union bewiesen, dass sie hier total unglaubwürdig ist. Wirtschaftsminister Altmaier hat mit seinem Corona-Unterstützungschaos bewiesen, dass er die angekündigte Bazooka zur Wasserpistole verkleinert hat. Braucht es noch eines neuen Bürokratiebeweises?“

In der neuen Ausgabe des „HANDWERKSBERATERS“, des Mitgliedermagazins des IFHandwerk e.V., wird die Bilanz der Rückvermeisterung, Corona-Politik sowie der angekündigten neuen Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ausführlich analysiert.

Was bringt das neue Jahr?

Heute sollen endlich (!) Auszahlungen der Dezemberhilfen beginnen, vermeldet das Bundeswirtschaftsministerium stolz in einer Pressemitteilung. Bis zu 50.000€ und für Soloselbstständige bis zu 5.000€ sind als Abschlagszahlung möglich (Link: https://bit.ly/2XeDjMt). Mal sehn, ob der Bundeswirtschaftsminister Altmaier es diesmal unbürokratisch hinkriegt, nachdem zur selben Zeit TUIfly mit weiteren Staatshilfen in Höhe von 1,25 Mrd. Euro gestützt wird. Hier hat die EU-Kommission heute zugestimmt. Insgesamt sollen lt. Tagesschau an TUIfly bis zu 4,8 Mrd. geflossen sein. Der Bedarf hört also nicht auf.

Insgesamt hat das Krisenmanagement von Minister Altmaier aus Selbstständigensicht  bislang nicht gut abgeschnitten. Die Mittel fließen nicht. Die Anträge sind zu bürokratisch. Und wenn dann noch Rückforderungen drohen, dann vergeht den von der Krise gebeutelten Selbstständigen die Lust. „Grundsätzlich falsch“, sagte IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle, sei die Vergabepolitik des Wirtschaftsministers im Interview des VGSD (Link: https://bit.ly/3rVs6i3). Nach der aus Sicht des IFHandwerk vor einem Jahr in Kraft getretenen Rückvermeisterung von 12 bisher freien Gewerken vom Fliesenleger bis zum Harmoniumbauer ist der Wirtschaftsminister ohnehin bei freien Handwerkern durchgefallen. Michael Wörle’s Fazit: „Altmaier ist nicht nur wegen seiner großen Corona-Versprechen (und seinen kleinen Tagen) … eine Fehlbesetzung. Die Regierenden sprechen immer von Bürokratieabbau. Und sie machen ständig das Gegenteil.“

Die neue Bürokratie mit dem neuen Meisterzwang und den sog. „Corona-Soforthilfen“ haben uns im zurückliegenden Jahr sehr stark beschäftigt. Handwerkskammern werden offensiver auch gegenüber Nicht-Mitgliedern. Hier sollten Sie wachsam bleiben.

Was bringt das neue Jahr?

Die Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen wird in diesem Jahr ziemlich sicher kommen. Zwar geht das Tauziehen hinter den Kulissen munter weiter. Es ist z.B. unklar, Was bringt das neue Jahr? weiterlesen