IFHandwerk e.V.

Bringt die EU die Gewerbefreiheit im Handwerk?

Eine neue EU-Richtlinie zur Beseitigung von Hindernissen bei der Dienstleistungserbringung schürt die Hoffnung, dass der Meisterzwang doch noch fällt. Die geplante Dienstleistungsrichtlinie soll das Herkunftslandprinzip durchsetzen.Das bedeutet, dass für ausländische Handwerker und andere Dienstleister auch in Deutschland das Standesrecht ihres Heimatlandes gelten würde und nicht das schärfere deutsche Recht. Dagegen bleibt es bei Verträgen mit Verbrauchern beim derzeitigen Recht. Wenn diese Regelung umgesetzt wird können deutsche Handwerker ganz problemlos Firmen im EU-Ausland gründen und von dort aus ganz legal in Deutschland Dienstleistungen erbringen, ohne dass das deutsche Handwerksrecht sie gängeln wird.

Während die einen Ängste schüren, dass bald Horden ausländischer und unqualifizierter Dienstleister wie Heuschrecken über Deutschland herfallen, schiefe Häuser bauen und falsche Medikamente verabreichen, fordert der Zentralverband des deutschen Handwerks eine Nachbesserung der Richtlinie. Damit soll ihr der mit deutschem Handwerksrecht unvereinbare Zahn gezogen werden. Bundeskanzler Schröder machte die Richtlinie inzwischen zur Chefsache. Noch ist offen, ob die Richtlinie, die deutsche Verwaltungshürden reduzieren wird, Gesetz wird. Befürworter beschwichtigen: „Ein Meisterbrief allein garantiert noch lange keine gute Arbeit. Umgekehrt wird, wer schlecht arbeitet, sich auf Dauer nicht am Markt halten können“. So der Kommentator der Financial Times Deutschland.

Neue Handwerksordnung ist ein Erfolg

Eine erste Bilanz der Betriebsentwicklung zeigt, dass die Zahl der Betriebe erstmals wieder steigt. Noch liegen zwar keine endgültigen Zahlen vor. Doch Zahlen der Handwerksstatistik zeigen, dass das Handwerk bundesweit ein Plus von 1,9% verzeichnen kann – nach jahrelangem Rückgang. Der Wegfall des Meisterzwangs in den neuen B1-Gewerken (53 meisterfreie Handwerksberufe seit 1.1.2004) hat allein in diesem Bereich zu einem Zuwachs von 15,7% geführt. Die neue Handwerksordnung ist also ein Erfolg – auch wenn sie bei weitem noch nicht alle Wünsche des IFHandwerk und seiner Mitglieder erfüllt hat.

Die Zuwächse konzentrieren sich vor allem auf 7 Berufe im Baubereich:
1. Fliesenleger
2. Gebäudereiniger
3. Raumausstatter
4. Parkettleger
5. Estrichleger
6. Schneider
7. Fotografen.

Diese Berufe hatten 2004 den stärksten Zuwachs neuer Betriebe. Und sie stellen 72% aller neugegründeten Handwerksbetriebe. 22% kommen aus dem noch immer zulassungspflichtigen Handwerk (hier können jedoch Gesellen als Betriebsleiter anerkannt werden). Enttäuschend fällt die Bilanz der stark umkämpften Neu-Regelung einfacher Tätigkeiten aus. Der Grund hierfür ist simpel: Es ist gar nicht so einfach zu klären, was als einfach gilt. Die gesetzliche Bestimmung ist verunglückt, so dass Praktiker ohne unabhängigen Expertenrat mit der Anmeldung einfacher Tätigkeiten zu Recht Probleme von den Handwerkskammern befürchten. Die Erfahrungen des IFHandwerk zeigen: Die Sorge ist berechtigt und guter Rat normalerweise teuer.

Standesvertreter kommentieren den Betriebs-Zuwachs nur mit Klagen: 78% aller Neugründunger seien ohne fachspezifische Qualifikation. Sie beschwören nach Auffassung des IFHandwerk eine Dequalifizierungsspirale: Nur Dumme gründen freie Handwerksbetriebe. Kein Wort davon, dass jetzt endlich der Markt entscheiden kann und damit die Kunden. Und nicht mehr die Handwerkskammer.

Wer Existenzgründern ohne Meisterbrief nicht bei der Gründung hilft, fördert letztlich Schwarzarbeit. Denn die Schattenwirtschaft ist letztlich der einzige wachsende Sektor in der Bundesrepublik. Der Münchner Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn hält – zu Recht – die derzeitige Strukturkrise in Deutschland für hausgemacht. IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle fordert: „Mit der Beseitigung unnötiger bürokratischer Gründungshürden fängt der Aufschwung an.“

Handwerkerpflichtversicherung korrigiert

Am 26. November 2004 hat der Bundesrat zugestimmt, dass die zu Beginn des Jahres 2004 neu eingeführte Rentenversicherungspflicht für die im Handwerk selbständig Tätigen rückwirkend korrigiert wird. Versicherungspflichtig sind jetzt im wesentlichen nur noch diejenigen Handwerker, die mit einem Handwerk der Anlage A in der Handwerksrolle eingetragen sind, sofern sie selbst die handwerksrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Für Personen, die vor 2004 eingetragen wurden, gilt eine Übergangsregelung.

Durch die Neuregelung waren fast alle Personen versicherungspflichtig geworden, die mit einem zulassungspflichtigen Handwerk (Anlage A HWO) oder einem zulassungsfreien Handwerk (Anlage B1 HWO) eingetragen sind oder eingetragen werden (Einzelheiten: HANDWERKSBERATER 2/2004). Die erweiterte Rentenversicherungspflicht konnte Sie plötzlich auch als Händler und Mitgesellschafter betreffen. Für manch einen wurde das zur bösen Überraschung. Denn immerhin fast 20 Prozent Ihres Gewinnes hätten Sie dann an die staatliche Rentenkassen abführen müssen. Und zwar auch dann, wenn Sie ihre Altersvorsorge längst ausreichend privat organisiert hatten.

Muss Handwerkern ohne Meisterbrief ihr Bußgeld zurückerstattet werden?

Brandenburg geht richtigerweise als erstes Bundesland offensiv die Frage an, ob Handwerkern ohne Meisterbrief für unrechtmäßige Verfolgung Schadenersatz gezahlt werden muss. Der zuständige Referatsleiter schrieb am 20.8.2004 an den IFHandwerk e.V., dass wegen der unklaren Definitionen der Handwerksordnung zu handwerklichen Tätigkeiten Laien einen Klärungsbedarf und rechtsstaatlicher Auskunftsanspruch haben, welche Tätigkeiten zwingend einer Meisterprüfung bedürfen und welche Tätigkeiten in welchem Umfang ohne weitere Voraussetzungen… ausgeübt werden dürfen. Auskunftspflichtig sind in erster Linie die für das Handwerksrecht zuständigen Behörden und Gewerbeämter, nicht die Handwerkskammern. Diese müssen sich schriftlich äußern und selbstverständlich für Ihre Auskünfte haften! Man darf Sie nicht auf die Klärung in einem Bußgeldverfahren verweisen.

Wenn Sie sich verständlicherweise nicht trauen, die Zulassungsfragen mit den für die Verfolgung zu Ahndung zuständigen Landesbehörden zu klären, lassen Sie sich vom IFHandwerk e.V. helfen. Rufen Sie an: 040 – 399 00 332.

Das vollständige Schreiben im Wortlaut finden Sie unter den Fachartikeln im internen Bereich dieser Homepage.

Das neue Schwarzarbeitsgesetz tritt zum 1. August 2004 in Kraft

Das neue Schwarzarbeitsgesetz kann in Kraft treten, nachdem heute der Bundesrat formell zugestimmt hat. Vor einer Woche hatte der Bundestag den Kompromiss im Vermittlungsausschuss akzeptiert. Die gute Nachricht: Handwerkliche Schwarzarbeit wird um 50% billiger. Das neue Schwarzarbeitsgesetz setzt den Bußgeldrahmen von 100.000€ auf 50.000€ herab. Die schlechte Nachricht: Die schon in der Vergangenheit unklaren Abgrenzungsfragen bleiben bestehen. Handwerker ohne Meisterbrief müssen also weiter mit Verfolgung rechnen, auch wenn der Bußgeldanreiz für Handwerkskammern, Innungen und Behörden deutlich gemindert wurde. Somit ist nicht auszuschließen, dass verstärkt gemeinsame Ermittlungsgruppen mit den Zollbehörden und Landesfinanzbehörden in Zukunft den Verfolgungsdruck möglicherweise noch steigern.

Die von Bundesregierung und der rotgrünen Koalition im Bundestag geplante und vom IFHandwerk vehement geforderte Streichung der unzulässigen Handwerksausübung als Schwarzarbeitstatbestand wurde dem Kompromiss mit der unionsgeführten Mehrheit im Bundesrat geopfert.

Die wesentlichen Änderungen nach der Einigung im Detail:
– Schwarzarbeit soll neu definiert werden und in erster Linie Steuerhinterziehung und Sozialmissbrauch beinhalten. Der Kompromissentwurf macht dieses Anliegen wieder zunichte.
– Unzulässige Handwerksausübung, Nichtanmeldung von gewerblichen Tätigkeiten gelten auch zukünftig als Schwarzarbeit. Die von der Bundesregierung geplante Abschaffung dieses Tatbestandes wurde nicht durchgesetzt. Der Verstoß kostet zukünftig statt bis zu 100.000€ „nur“ noch bis zu 50.000€.
– Kontrollregelungen, die bisher in verschiedenen Gesetzen verstreut waren, werden in einem Gesetz zusammengeführt. Das erleichtert die Verfolgung
– Die umstrittene, neu geplante Rechnungsausstellungspflicht für Werklieferungs- oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück auch bei privaten Auftraggebern wird eingeführt. Allerdings kann statt einer Rechnung auch eine andere beweiskräftige Unterlage ausreichen. Der Verstoß kostet für private Bauherren bis zu 500€, für die Leistungserbringer bis zu 5000€.
– Die Zollverwaltung wird die federführende Verfolgungsbehörde. Gemeinsame Ermittlungsgruppen mit anderen Behörden werden erleichtert. Hierzu gehören nicht mehr die Handwerkskammern. Die Kompetenzen der Zollverwaltung werden erweitert. Sie können künftig auch außerhalb der Geschäftszeiten des Arbeitgebers kontrollieren, sofern es für die kontrollierten Personen Arbeitszeit ist. Generalunternehmer werden stärker überprüft, mitgeführte Unterlagen der überprüften Personen sollen überprüft und Kraftfahrzeuge angehalten werden können.
– Auch das Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitgebers (Arbeitgebersanteile) sind nun strafbar. Bisher galt das nur für die Arbeitnehmeranteile.
– Sozialmissbrauch soll zukünftig auch ohne Betrugsabsicht strafbar sein.
– In der gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) gilt künftig ein Unternehmerregress bei Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber. Auch der private Haushalt gilt zukünftig als Arbeitgeber. Der Schwarzarbeiter bleibt wie bisher gesetzlich gegen Unfall versichert, sofern eine Unfallversicherungspflicht bestand.

Aus der Bundesratspressemeldung nach der Einigung im Vermittlungsausschuss:

„Nach dem Kompromissvorschlag sollen die zuständigen Landesfinanzbehörden künftig prüfen, ob der Steuerpflichtige seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten erfüllt hat. Die Zollbehörden sind dabei nur zur Mitwirkung berechtigt. Ihre Prüfung im Rahmen der Mitteilungspflichten soll sich insbesondere darauf erstrecken, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen wurde. Die Obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder werden Vereinbarungen über ihre Zusammenarbeit treffen.

Die nach dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages den nichtunternehmerischen Leistungsempfänger treffende zweijährige Aufbewahrungspflicht im Hinblick auf Rechnungen, die für Werklieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück erbracht worden sind, wird erleichtert: Statt der Rechnungen reichen künftig Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen aus. Die für Verstöße in diesem Zusammenhang vorgesehene Bußgeldhöhe wird von tausend auf fünfhundert Euro reduziert.

Die Prüfungsaufgaben der Zollverwaltung erstrecken sich zukünftig auch auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten.

Des Weiteren wird die Definition von Schwarzarbeit um zwei Fälle ergänzt: Schwarzarbeit leistet auch, wer bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen den Beginn eines stehenden Gewerbes nicht anzeigt oder nicht im Besitz der erforderlichen Reisegewerbekarte ist. Außerdem arbeitet ‚schwarz’, wer ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe betreibt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein.“ (Quelle: Bundesratspressemitteilung Nr. 146 vom 30.6.2004)