IFHandwerk e.V.

Positionsbestimmung: Der Meisterzwang verknappt das Angebot und erhöht die Preise

Interview mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Jens Teutrine

Frage:

Guten Tag, Herr Teutrine. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für die Fragen nehmen, die freie Handwerkerinnen und Handwerker beschäftigen. Wie stehen Sie persönlich zum Meisterzwang?

Antwort:

Der Meister ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Wir können zurecht stolz auf unser Handwerk in Deutschland sein. Allerdings schränkt der Zwang zum Meister, um bestimmte handwerkliche Betriebe führen zu dürfen, nicht nur die Wahlfreiheit der Kunden ein, sondern erschwert auch den Markteintritt für neue Betriebe enorm. Eine Meisterpflicht etwa für Fliesenleger verknappt das Angebot und erhöht die Preise – das trifft wiederum den Kunden. Gerade weil diese Regelung auch umgangen werden kann, halte ich sie für ein historisches Relikt der Ständewirtschaft. Wie Sie wissen, war ich Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, bevor ich für die FDP in den Bundestag eingezogen bin. Die Jungen Liberalen haben sich hier schon früh klar positioniert und sind in der Abwägung gegen den Meisterzwang, wollen aber den Meister weiter stärken. Ich persönlich teile auch weiterhin diese Position.

Frage:

Freie Handwerkerinnen und Handwerker haben sich seinerzeit entschieden gegen die sog. „Rückvermeisterung“ ausgesprochen und dieses auch in ihrer Stellungnahme bei der Anhörung des Wirtschaftsministeriums ausführlich begründet. So ist es beispielsweise absurd, dass die Harmoniumbauer der Zulassungspflicht unterliegen, die Geigenbauer dagegen nicht. Wie steht die FDP als Partei zum Meisterzwang?

Antwort:

In der FDP gibt es nach meiner Wahrnehmung sehr unterschiedliche Positionen: Die Befürworter der freien Kundenentscheidung und die Befürworter der Meisterpflicht zur Qualitätssicherung. Wichtiger als die Frage der Meisterpflicht ist uns allerdings die Frage, wie wir die Attraktivität des Handwerks noch besser nach außen tragen und politisch unterstützen. Dazu gehört die Exzellenzinitiative für Berufliche Bildung nicht nur für Hochschulen, Aufstiegs-BAföG für Auszubildende und Stipendienmöglichkeiten, Teilzeitfortbildungen und die stärkere Anwerbung junger Menschen. Das sehe ich als die Mission, die zeitgleich angegangen werden muss. 

Frage:

Nach 5 Jahren soll die stark kritisierte Entscheidung für die sog. „Rückvermeisterung“ noch einmal überprüft werden. Inzwischen ist ja mit Robert Habeck ein Grüner Wirtschaftsminister geworden. Abgelöst wurde Peter Altmaier von der CDU. Die Ampelkoalition wird von zwei Parteien bestimmt, die beim „Meisterzwang“ wenigstens teilweise starke Sympathien für die freie und souveräne Kundenentscheidung haben. Wie schätzen Sie das ein: Was wird bei der Überprüfung des „Meisterzwangs“ herauskommen? Wie groß schätzen Sie Ihren Einfluss und den der Jungen Liberalen ein?

Antwort:

Das ist ein Blick in die Glaskugel. Es ist richtig, dass angesichts der neuen wirtschaftlichen Herausforderungen, des massiven Fachkräftemangels und der Transformation unserer Wirtschaft alte Weisheiten erneut auf den Prüfstand gestellt werden, um zu schauen, mit welchen Stellschrauben wir eine „Zeitenwende“ auch in anderen Politikfeldern als der Außenpolitik hinlegen können. Was dabei beim Thema Meisterpflicht herauskommen wird, kann ich aktuell nicht abschätzen. Meine Position ist dabei aber klar.

Herr Teutrine, vielen Dank für das Gespräch

Porträt Jens Teutrine

Jens Teutrine (MdB/FDP) gehört zur Gruppe der Jungen Abgeordneten. Michael Wörle traf ihn in Berlin und traf auf einen überraschend offenen Abgeordneten, der für die Belange freier Handwerkerinnen und Handwerker ein offenes Ohr hat; und zwar wohltuend anders als viele andere Spitzenpolitikern. Vermutlich werden wir von Teutrine auch später noch viel hören. Jens Teutrine (Jahrgang 1993) ist FDP-Bundesvorstandsmitglied und erst seit Oktober 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort ist er Vorsitzender einer Gruppe von jungen Abgeordneten in der FDP-Bundestagsfraktion und Sprecher für das Bürgergeld. 2020/21 war er Bundesvorsitzender der FDP-Jugendorganisation „Junge Liberale“. Beim Thema Meisterzwang sind die Jungen Liberalen Taktgeber für die FDP bundesweit, auch wenn die Fraktion insgesamt der Rückvermeisterung 2019 im Gegensatz zur grünen Bundestagsfraktion zugestimmt hat.

Die Kurzlebigkeit der Politik

Was tun, wenn sich die Ereignisse überschlagen? Nicht nur bei den Energiekosten…

Politik ist sooo schnelllebig. „Vorgestern“ wurde der neue Wirtschaftsminister Habeck noch in den Himmel gelobt. Er war der beliebteste deutsche Politiker (https://bit.ly/3EfZUiZ). „Gestern“ sind fast alle (außer den Insolvenzverwaltern über ihn hergefallen (nach seinem Auftritt bei Maischberger: https://bit.ly/3Ef7utV), nun kommt ein 200 Mrd-Entlastungspaket, doppelt so viel wie die 100 Mrd für die Bundeswehr. So hat sich die Ampel-Koalition Regieren sicher nicht vorgestellt.

Geringverdiener in Not: Zuerst Corona, dann die Energiekrise, danach die Inflation. Beides war Thema des letzten HANDWERKSBERATERs, den unsere Mitglieder bereits zugeschickt bekommen haben. Dazu kommt: Die Baufinanzierungszinsen haben sich fast verfünffacht, die Lieferketten (fehlendes Material) sind schon seit Corona ein Thema. Deutschland steuert auf eine Rezession zu. Wenn Sie ganz konkret Hilfe brauchen, um agil und clever durch die Krise zu kommen, dann nutzen Sie unsere Hotline: 040 399 00 167 (für Mitglieder kostenlos).

Eine gute Nachricht:

Die Corona-Rückforderungsbescheide werden zunehmend von deutschen Gerichten aufgehoben. Zuletzt beispielsweise https://bit.ly/3CrAr4l das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen oder das Verwaltungsgericht Köln https://bit.ly/3M5GX3P

Eines unserer Mitglieder freut sich hier auf Mitstreiter, um sich gegen ungerechte Rückforderungen zu wehren. Verwaltungschaos auf dem Rücken von Selbstständigen darf sich nicht lohnen. Das gleiche gilt natürlich für die Zulassungspflicht von Handwerkerinnen und Handwerkern. Rufen Sie uns an.

Die besten Geschichten aus 20 Jahren

Der neue IF-HANDWERKSBERATER ist fertig. Die besten Geschichten aus 20 Jahren. Von Jan Fedder, dem verstorbenen, im Norden beliebten Kult-Fernsehpolizisten und beliebten Original. Keiner konnte so schnodderig sein, urig, wie sich das kein Bayer vorstellen kann. Dass er mal ein Schwarzarbeits-Bußgeld zahlen musste als Auftraggeber, wissen wohl die wenigsten.

Warum das freie Handwerker interessiert? Ist doch klar. Sie stehen ja sowieso oft unter Verfolgungsgefahr. Und leiden natürlich auch unter der Diskriminierung, der alle Selbstständigen in Deutschland ausgesetzt sind. Das geht bei der Scheinselbstständigkeit los, bei deutlich höheren Krankenversicherungsbeiträgen, einem misstrauischen Blick aller Behörden, nicht nur der Handwerkskammer. So kennen das vor allem Solo-Selbstständige und freie Handwerker mit und ohne Meisterbrief. Nicht nur Jan Fedder kam in die diskriminierenden Fänge seiner Verfolger, sondern auch spannenderweise die Schwarzarbeitsfahnder selbst.

Das deutsche Wesen treibt schon merkwürdige Urstände, wenn man – wie wir – zum Geburtstag des Verbandes 20 Jahre HANDWERKSBERATER-Veröffentlichungen durchsehen.

Thema waren Verfolgungsgeschichten, aber auch Erfolge: Die Deregulierung des Meisterzwangs 2004 oder die Herabsetzung der Mindestbeiträge für Selbstständige bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Wir berichteten auch von den Erfolgen wie z.B. den Kammerrebellen, als sie ganz plötzlich 95% der Sitze in der Handwerkskammer Hamburg erhielten. Aber auch Misserfolge sind Thema wie z.B. die Rückvermeisterung 2019, wo 12 Gewerke wieder meisterpflichtig wurden. Wir haben zwar gute Argumente (11 gute Gründe, Nr. 42 des HANDWERKSBERATERs). Aber welche Abgeordnete versteht das schon in der Arbeitnehmerrepublik Deutschland?

Das System ist von oben verschraubt und  die Funktionäre der Handwerkskammern sorgen für ein anderes Narrativ. Das Märchen von der Qualität im Handwerk. Aber in Wirklichkeit geht es um eine andere Geschichte. Nachzulesen im neuen HANDWERKSBERATER.

Was wir von der neuen Ampel-Koalition mit Grünen und SPD erwarten? Lesen Sie selbst. Rufen Sie an oder schicken Sie uns eine Mail. Wir schicken Ihnen kostenfrei den aktuellen IF-HANDWERKSBERATER gerne zu. Werden Sie Mitglied. Stärken Sie damit die Lobby des freien Handwerks. Wir helfen Ihnen, Ihren Traum von der Selbstständigkeit ganz legal auch ohne Meisterbrief zu realisieren. Denn die Selbstständigen sind das Ideenlabor der Republik. Wo Arbeitnehmer eine Erfinderprämie erhoffen, legen freie und selbstständige Handwerker einfach los. Sie liefern einen wertvollen Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels, kommen, wenn Not am Handwerkermarkt herrscht, entwickeln auch unkonventionelle Lösungen und sind vor allem nah am Kunden, wenn es darum geht, Ihre Probleme als Verbraucher gut zu lösen.

Weitere Themen:

  • Schwerpunkt Zeitenwende
  • Der neue Wirtschaftsminister Robert Habeck und seine Vorgänger mit einer kleinen Geschichte des Ministeriums
  • Der aktuelle Fall: Bußgeld + Betriebsuntersagung. Wie sich ein freier Handwerk gegen Behörden wehrt
  • Die neue Rolle des Geldes: Geld und Inflation. Was noch alles auf uns zukommt
  • Scheinselbstständigkeit: Das neue Statusfeststellungsverfahren
  • Transparenzregister
  • Rechnung und Marketing
  • Aktuelle Steuertipps
  • Multibanking: modern und übersichtlich
  • Wie man Konflikte wirklich löst (wenn es nicht grad die Handwerkskammer

Es weihnachtet sehr: Hoffnungsschimmer im Angestelltenwunderland

Wachwechsel im Bundeswirtschaftsministerium: Peter Altmaier wachte auf als Privatmann – ohne Bundestagsmandat, ohne Ministeramt. Der „Lowperformer“ der Bundesregierung (Friedrich Merz) ist abgetreten. In „Steingarts Morning Podcast“ verkündete er, dass er das in Ruhe angehen wolle. Kann er auch, wenn auch nicht guten Gewissens. Aber das ist freien Handwerkern nun ziemlich egal. Altmaier mag nun in Ruhe Rentner werden, die von ihm schlecht vertretenen Selbstständigen haben vor Weihnachten eher wenig Ruhe gehabt. Der schlechteste Bundeswirtschaftsminister der letzten 20 Jahre, der die Rückvermeisterung durchgewunken hat, der Solo-Selbstständige in der Pandemie im Regen stehen ließ, wird gerade vor Weihnachten negativ in Erinnerung bleiben, weil er das wenige Geld, welches Solo-Selbstständige erhalten haben, nun zurückfordern will. „Ich bin froh, wenn die mich in Ruhe lassen“, meinte ein freier Handwerker.

Zum ersten Mal in der Geschichte aber ist der neue Wirtschaftsminister ist ein Grüner: Robert Habeck. Wir erinnern uns: Die rot-grüne Bundesregierung mit ihrem sozialdemokratischen Superminister für Wirtschaft und Arbeit Wolfgang Clement hat damals die Deregulierung des Handwerks durchgesetzt. An der Seite Clements waren die grünen Staatssekretäre Margareta Wolf und Rezzo Schlauch, ohne die vermutlich die Aufhebung des Meisterzwangs für mehr als 50 Gewerke nicht durchgesetzt worden wäre.

Insofern schauen freie Handwerkinnen und Handwerker nun gespannt darauf, wie es weitergeht. Sie erwarten, dass ein grüner Superminister für Wirtschaft, Klima und Technologie der Linie der Grünen treu bleibt und wieder mehr Freiheit für Selbstständige im Handwerk ermöglicht. Dass das kein Selbstgänger im „Angestelltenwunderland Deutschland“ ist, zeigt ein Beitrag von Sascha Lobo im Spiegel (Link: https://lmy.de/lnLRq). Zitat: „Die Verständnislosigkeit und die Missgunst, mit denen Selbstständigen hierzulande begegnet wird, sind weltmeisterlich.“ Es sind der ZDH, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, die Selbstständige als missglückte prekäre Beschäftigungsform integrieren oder verhungern lassen. Das zeigt gerade die Erfahrung in der Pandemie, in der ein Wirtschaftsminister der CDU Selbstständigen im Lockdown den Unternehmerlohn verweigerte, während sein sozialdemokratischer Kollege Heil dafür sorgte, dass zum großen Teil aus Steuermitteln das Kurzarbeitsgeld bezahlt wurde. Fazit: Arbeitnehmer bekommen Lohnersatz in der Pandemie, Selbstständige nicht.

Im neuen Koalitionsvertrag der Ampelregierung stehen jedoch viele positive Signale für die Selbstständigkeit insgesamt – durchgesetzt von Grünen und Liberalen. Doch Sascha Lobo mahnt zu Recht: „Nur nutzen Signale, Vorhaben und Versprechungen (aus diesen Bausteinen bestehen Koalitionsverträge prinzipiell) wenig, wenn sie mit der falschen Haltung umgesetzt werden. Und aktuell lässt sich diese falsche Haltung sehr gut an den Coronahilfen ablesen. Vor allem das Arbeits- und das Wirtschaftsministerium haben im Verein mit den Bundesländern eine Vielzahl von Hilfen auf den Weg gebracht. Coronahilfen für Unternehmen und Angestellte, etwa die Kurzarbeit, haben die deutsche Wirtschaft wunderbarerweise durch die Pandemie getragen. Gut so! Allerdings haben eine Reihe großer Konzerne nicht nur Kurzarbeitergeld kassiert, sondern gleichzeitig auch massive Gewinne eingefahren. Das wird auch so bleiben, weil es sich um eine Versicherungsleistung handelt, die der Staat nicht zurückfordern kann, wenn kein Missbrauch vorliegt.

Die staatliche Haltung gegenüber Soloselbständigen hingegen manifestiert sich in der völlig anderen Behandlung. Denn dort werden genau jetzt, kurz vor Weihnachten, mitten in der vierten Welle gigantische Summen von Selbstständigenhilfen zurückgefordert. Aus Sicht der Behörden handelt es sich um »zu viel oder unberechtigt gezahltes Geld«. In Wahrheit aber waren die Auszahlungsbedingungen so komplex und kompliziert, dass es fast unmöglich war und ist, sie in Gänze zu durchdringen. Noch dazu wurden sie nicht selten nach und nach angepasst oder präzisiert, sodass längst ausgezahlte Hilfen plötzlich als unberechtigt erkannt wurden. Kompliziertheit wird zur Ungerechtigkeit, wenn man nicht die Mittel hat, um sie zu bewältigen2, schreibt Sascha Lobo.

Der aus der Sicht von Selbstständigen lobenswerte Koalitionsvertrag ist das eine, den Beamtenapparat richtig anzuleiten, ist das andere. Dass die Coronahilfen in ihrer Unübersichtlichkeit nicht hilfreich waren, zeigt, wie unfähig der Apparat darin ist, auf die Bedürfnisse von Selbstständigen wirklich einzugehen. Freie Handwerker können davon ein Lied singen. Im Handwerksrecht ist so gut wie alles umstritten. Was bleibt dabei auf der Strecke? Die Freiheit. An die Freiheit tritt die Willkür.

Sascha Lobo erklärt das am Beispiel der Coronahilfen: „Der Staat kommuniziert in dieser Angelegenheit ungefähr so verständlich, verlässlich und verbindlich wie in den meisten Dingen der Coronapandemie, also überbürokratisch menschenfeindlich mit Geschmacksrichtung Kafka. Aber er tut, als sei alles stets klar und rechtzeitig kommuniziert worden, und bestraft unerbittlich durch Rückforderung zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt. Nicht selten mit betrugsunterstellendem Unterton.“ Und der schlechtestmögliche Zeitpunkt ist Weihnachten. Oder?

Ob sich das unter einem grünen Superminister ändern wird? Die Grünen und die Liberalen sind die einzigen Parteien, die verstanden haben, wie unterschiedlich die Lebenswelt von Selbstständigen ist. Nun müssen sie s nur noch ihren Angestellten im eigenen Ministerium beibringen. Wir schauen gespannt auf das Jahr 2022.

Koalitionsvertrag: Was haben Selbstständige von der neuen Bundesregierung?

„Freie Handwerker schauen optimistisch auf die neue Regierung“, sagt IFHandwerk-Geschäftsführer Michael Wörle. „Das Programm der kommenden neuen Regierung könnte Selbstständigen erstmals einen zentraleren Stellenwert einräumen.“ Mit einem historischen Wechsel im Bundeskanzleramt wird das 2. Corona-Jahr zu Ende gehen. Wenn Olaf Scholz noch vor dem 17.12.2021 zum Kanzler gewählt wird, wird er Angela Merkel daran gehindert haben, die Kanzlerin mit der längsten Amtszeit zu werden und Helmut Kohl zu schlagen, das das Nachrichtenmagazin „Stern“ ausgerechnet (Link: https://bit.ly/3cM2U7c). Was plant die neue Regierung? Wir haben uns den Koalitionsvertrag der zukünftigen Regierung einmal kritisch angesehen.

Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung kommen erstmals Selbstständige überhaupt richtig vor. Catharina Bruns hatte das während der Koalitionsverhandlungen in einem Kommentar zum ersten Sondierungspapier der drei Parteien treffend auf den Punkt gebracht (Link: https://bit.ly/3FJyn6E). Kernsatz: „Was Selbstständige … verdient hätten, wäre Anerkennung durch echte Reformen. Etwa des Statusfeststellungsverfahrens zur Abgrenzung von Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung. In Deutschland muss man im Zweifel schließlich der Rentenversicherung beweisen, dass man nicht nur zum Schein selbstständig ist.“

Einiges von den diskriminierenden Praktiken zur Verhinderung von Selbstständigkeit in Deutschland, worum der IFHandwerk e.V. die letzten Jahre zusammen mit 30 anderen Verbänden von Selbstständigen gerungen hat, könnte nun tatsächlich besser werden.

Das sind die notwendigen Reformen, die der Koalitionsvertrag in Aussicht stellt: Absenkung der Krankenkassenbeiträge für Geringverdiener in der GKV. Ein erleichterter Zugang zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige und GmbH-Geschäftsführer und die Verlängerung der Neustarthilfe im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus (mit Steuermitteln!), vielleicht ähnlich wie beim Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer. Aber auch eine Pflicht zur Altersvorsorge, die allerdings auch mit der alten Regierung gekommen wäre. Diesmal aber mit der von uns gewünschten Wahlfreiheit, also auch kapitalgedeckter Altersvorsorge. Das haben offensichtlich die beiden kleineren Parteien (Die Grünen/FDP) der SPD abgerungen. Der Kernsatz dieses neuen Denkens lautet wie folgt: „Selbständige sind wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Nach der aktuellen Reform des Statusfeststellungverfahrens führen wir im Lichte der Erfahrungen einen Dialog mit Selbständigen und ihren Verbänden, um dieses zu beschleunigen und zu verbessern. Ziel ist, in der digitalen und agilen Arbeitswelt unbürokratisch Rechtssicherheit zu schaffen.“ Wir sind also angekommen. Unsere Kritik beim Thema Scheinselbstständigkeit und Altersvorsorgepflicht hat gefruchtet.

Anders sieht es beim Meisterzwang aus. Hier hat sich offenbar die Meisterlobby durchgesetzt. Sie bekommt noch einen „Goody“ on top: Meisterprüfungsvorbereitungskurse sollen stärker bezuschusst werden.  Vermutlich reicht der Meisterzwang alleine nicht aus, um Handwerker ohne Meisterbrief zur Prüfung zu bringen.

Der Vertrag atmet an vielen Stellen trotzdem eine neue Haltung. Die neue Koalition wird nicht nur auf die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften hören, sondern auch auf uns – auf die organisierten Selbstständigen und ihre Verbände (Link: https://www.bagsv.de/news/). Wir werden die neue Regierung kritisch, aber dialogorientiert beobachten und begleiten.

Anders als beim Meisterzwang, wo sich die Meisterlobby durchgesetzt hat. Hier gibt es noch einen Goody on top: Meisterprüfungsvorbereitungskurse sollen stärker bezuschusst werden.  Vermutlich reicht der Meisterzwang alleine nicht aus, um Handwerker ohne Meisterbrief zur Prüfung zu bringen.

Der Vertrag atmet an vielen Stellen trotzdem eine neue Haltung, nicht nur auf die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zu hören, sondern auch auf Selbstständige und ihre Verbände. Wir werden die Regierungspolitik kritisch und dialogorientiert beobachten und begleiten.