IFHandwerk e.V.

Mehr Macht für die Kammern? Wer wird einheitlicher Europäischer Ansprechpartner?

Behördenlotse: Handwerkskammer als einheitlicher Ansprechpartner?
Wieder mehr Macht für die Handwerkskammern: Die Berechtigung als „Einheitliche europäische Ansprechpartner“ (EA) kann von den Ländern an die Kammern übertragen werden. In Hamburg und im Saarland ist dieses bereits beschlossene Sache. Die Umsetzung wird zwar nicht einheitlich sein. Es zeichnet sich außerdem ein Länderflickenteppich ab, weil die Zuständigkeit in jedem Bundesland anders geregelt sein werden. Die
Übertragungskompetenz ist jeodoch eine weitere Möglichkeit, den Kammern mehr Macht zu übertragen, wie das bei handwerksrechtlichen Ausnahmebewilligung bereits geschehen ist. Daran bestehen erhebliche rechtliche Zweifel. Die Kammern müssen hier in ihre Schranken verwiesen werden.
Was ist ein Einheitlicher Ansprechpartner (EA)?
Der EA ist eine einheitliche Anlaufstelle, die nur noch der Fachaufsicht der Länder unterliegt. Wer sich selbstständig machen möchte, muss nicht mehr zu vielen verschiedenen Behörden laufen, sondern nur noch zu einer einzigen Anlaufstelle: Der Antrag soll durch die Verwaltung laufen, nicht der Unternehmer. Das klingt gut. Beispiel: Sie wollen sich im Handwerk selbstständig machen. Sie brauchen eine Gewerbeanmeldung, eine Zulassung zur Eintragung in die Handwerksrolle, ggfs. eine Handelsregistereintragung und vieles mehr. Bisher mussten Sie alle Behörden aufsuchen oder schriftlich informieren. In Zukunft kann das alles der EA für Sie regeln. Das ist der Grundgedanke der Vereinfachungsidee, für die die EU allen Mitgliedsländern bis Ende September Zeit gelassen hat. Und dieser Grundsatz ist gut.
Nicht gut ist jedoch, wenn hier eine riesige zentrale Datensammelstelle entsteht, die bislang nicht beteiligte Behörden Informationen verschafft, die sie bisher nicht hatten. Nicht gut wäre auch, wenn das eine Aufgabe der Handwerkskammer würde. Und genau das ist nicht mehr ausgeschlossen. Das Gesetz für die IHKs ist bereits geändert, die Entscheidung liegt bei den Ländern. Die Handwerkskammern in Mecklenburg-Vorpommern begrüßen die Übertragungskompetenz öffentlich. Werden auch die Handwerkskammern einheitlicher Ansprechpartner, wird damit einmal mehr der Bock zum Gärtner gemacht werden und die Handwerkskammern bekommen faktisch wieder mehr Macht. Klar dass freien Handwerkern diese Regelung nicht gefällt und dass die Beratung durch den IFHandwerk e.V. noch wichtiger wird. Aber wir wollen überhaupt keinen Machtzuwachs für Handwerkskammern. Lichtblick:
1. Die Umsetzung ist bundesweit keineswegs einheitlich. Auch Behörden könnten EA werden
2. Die Verfahrensabwicklung über den EA ist nicht zwingend, sondern erfolgt nur, wenn und soweit der Antragsteller das wünscht. Damit würden die Kammern Zugang zu mehr Informationen erhalten als bisher

Europawahl: Gehen Sie zur Wahl

Sonntag ist Europawahl. In Europa gibt es den Meisterzwang nur noch in Deutschland und Luxemburg. Ansonsten gilt die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Impulse für die volle Betätigungsfreiheit werden auch weiterhin europäische Impulse sein. Hier versucht der Zentralverband des deutschen Handwerks seit Jahren, deutsche Positionen (den Meisterzwang) zu verkaufen. Bisher mit wenig Erfolg.

In Deutschland treten für mehr Freiheit im Handwerk die Grünen, die Linke und von ihrer tatsächlichen Politik her auch die Sozialdemokraten ein. Die Liberalen sind gespalten. Allerdings gibt es auch dort eine starke Fraktion, die in diesem Themenbereich echte liberale Optionen verfolgt. Die Wahl liegt bei Ihnen. Nichtwählen kommt den Falschen zu Gute.

Neue Studie: ICH-AGler sind eine Jobmaschine!

„Zuerst hochgejubelt, dann runtergeredet, jetzt rehabilitiert“, so kommentiert der Informationsdienst „gruendungszuschuss“ die Ergebnisse einer neuen Studie, die zeigt, wie erfolgreich Ich-AG-Gründer auch noch nach fünf Jahren sind. Noch besser sind die Ergebnisse derjenigen, die mit Überbrückungsgeld gegründet haben, also dem Vorläufer des heutigen Gründungszuschusses. Die ICH-AG ist also gerade auch von den etablierten Handwerksorganisationen aus durchsichtigen Gründen kaputt geredet worden. Weshalb? Sie waren eine Konkurrenz für etablierte Handwerksfirmen. Wir haben die wichtigsten ERgebnisse für Sie zusammen gefasst.

Der Nachrichtendienst schreibt: „Nachdem die Medien vor fünf Jahren (im Jahr 2003) zunächst begeistert einen Boom der Ich-AGs herbei geschrieben hatten, verloren sie bald das Interesse an dieser Förderung und ließen kein gutes Haar mehr an ihr. Die Politik schaffte die Ich-AG Mitte 2006 eilig ab, gerade als erste wissenschaftliche Untersuchungen im Rahmen der „Hartz-Evaluation“ ergaben, dass es sich bei der Ich-AG um ein ausgesprochen effektives arbeitsmarktpolitisches Instrument handelt. Inzwischen sind weitere zweieinhalb Jahre vergangen und erstmals kann der Erfolg der Ich-AG-Gründer auch längerfristig fundiert beurteilt werden.“

Das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ließen in diesem Jahr 2.800 Ich-AG- und Überbrückungsgeld-Gründer befragen. Ergebnis: nach fünf Jahren waren noch 50-60% der Ich-AG-Gründer und zwischen 53-67% der mit Überbrückungsgeld Geförderten noch in Voll- oder Teilzeit selbständig waren. „Verbleibsquoten zwischen 50% und 70% nach fünf Jahren sind als Erfolg zu werten und wurden von uns so nicht erwartet“, erläutert Marco Calliendo gegenüber dem Nachrichtendienst „Gründungszuschuss“.

Geförderte Gründer sind auch eine Jobmaschine: Nach 5 Jahren beschäftigen 40% der Überbrückungsgeld- und 20% der Ich-AG-Gründer mindestens einen Mitarbeiter. Rund 80.000 zusätzlich geschaffene Vollzeit-Stellen wurden damit rechnerisch geschaffen. für die Ich-AG sind es immerhin noch 16.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Angesichts von mehr als einer Million Geförderter, ist der Multiplikatoreffekt auf dem Arbeitsmarkt also ganz erheblich.

Auch finanziell lohnt sich das für die geförderten Gründer. Mit einem Nettoeinkommen von 2.680 Euro monatlich erreichten in Westdeutschland lebende Männer hierbei den höchsten Durchschnittswert und lagen damit über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Die vollständige Studie finden Sie unter http://ftp.iza.org/dp3880.pdf

Bundeswirtschaftsministerium gibt unklare Signale

Gespräche des IFHandwerk e.V. im Berliner Bundeswirtschaftsministerium machen deutlich: Die politische Lage für freie Handwerker wird nicht einfacher. Darüber berichten wir im neuen HANDWERKSBERATER.

In dem Gespräch in Berlin sollte geklärt werden, wer für die Folgekosten von Schäden durch die falsche Beurteilung von handwerksrechtlichen Fragen einstehen muss. Beide Seiten waren sich einig, dass die Ordnungsbehörden auf Grundlage der Landespolizei- bzw. Gefahrenabwehrgesetze eine Pflicht zur Auskunftserteilung haben. Der IFHandwerk e.V. kritisierte, dass die Auskünfte in den weit überwiegenden Fällen falsch seien. Michael Wörle: “Willkür darf hier nicht Platz greifen. Im Zweifel muss für den Gewerbetreibenden entschieden werden, wenn er wegen einer Auskunft nachfragt. Wer Auskünfte erteilt, muss deshalb wissen, worüber er redet. Diese Voraussetzung fehlt bis jetzt. Wir vermissen sie in nahezu allen uns bekannten Fällen seit langem ohne Aussicht auf Besserung, es sei denn, dass vom Bund-Länder-Ausschuss, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Gesetzgeber neue Impulse kommen. Sogar die Rechtsprechung wird sehr oft nicht respektiert.”

Hinter den Kulissen wird immer wieder versucht, Ihre verfassungsrechtlichen Freiheiten zu beschneiden. Das Bundesverfassungsgericht hat hierfür erstaunlich klare Worte gebraucht: Die „überkommene herrschende Meinung“ in Behörden und Kammern vernachlässigt die Verfassung. Tobt beim Bundesverfassungsgericht der Klassenkampf? Würde man Ihnen das glauben, wenn Sie als kritischer Leser das so formulieren? Wohl kaum. Wir konnten es uns nicht verkneifen, dieses Zitat wörtlich zu drucken. Umso besser ist es vor diesem Hintergrund, dass sich wieder eines unserer Mitglieder vor Gericht durchgesetzt hat.

Gerichtsurteil: Freier Handwerker setzt sich vor Gericht durch

Unser Mitglied Siegfried Peteluk hat gesiegt. Er hat sein Reisegewerbe in Kombination mit einem stehenden Gewerbe erfolgreich verteidigt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart (11.9.2008 – AZ 4 K 1423/08) hat Ordnungsamt und Handwerkskammer deutliche Grenzen gesetzt, nachdem diese mehr als 2 Jahre mit ihm auf besonders unfaire Art und Weise Katz und Maus gespielt haben. Da die Ordnungsbehörde nur das umsetzte, was die Handwerkskammer für richtig hielt, hat indirekt auch die Handwerkskammer einen Prozess verloren.
Peteluk: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Man muss auch bereit sein, vor Gericht zu ziehen.“ Die Behörde scheiterte mit ihrer Auffassung, dass Maler- und Lackiererarbeiten immer eine Handwerksrolleneintragung voraussetzen. Das Urteil macht deutlich, dass Sie ein Reisegewerbe und ein stehendes Gewerbe problemlos nebeneinander betreiben können. Die Behörde hat ihn 2,5 Jahre lang in seiner Arbeit behindert. Damit ist jetzt Schluß!
VG Stuttgart, 11.9.2008 – AZ 4 K 1423/08