IFHandwerk e.V.

Rückvermeisterung: Die Gesetzesmaschine läuft rückwärts

Vor 15 Jahren: 2004 trat die große Handwerksreform in Kraft. Seitdem wollen unsere Gegner, die den Meisterzwang befürworten, dass dieses Gesetz überprüft wird. 2003 wurde von der damaligen rot-grünen Koalitionsregierung 53 Gewerke wie z.B. die Fliesenleger, Raumausstatter oder der Einbau genormter Baufertigteile vom Meisterzwang befreit und können seitdem ohne Meister- oder Gesellenbrief frei ausgeübt werden.

Am 4. Juni fand im Bundeswirtschaftsministerium die Verbändeanhörung statt. Die wichtigsten Argumente gegen die „Rolle rückwärts“ (Rückvermeisterung) werden hier zusammengefasst dargestellt. Die gesamte Stellungnahme des IFHandwerk e.V. ist auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht:

IFHandwerk-Stellungnahme

Wichtige Argumente gegen die „Rückvermeisterung“:

  • In Europa herrscht mehr Berufsfreiheit im Handwerk als in Deutschland. Nur in Deutschland ist der Berufszugang im Handwerk so streng reguliert (Meisterzwang). Deutsche Handwerker ohne Meisterbrief fühlen sich – zu Recht – hierdurch diskriminiert (Inländerdiskriminierung).
  • Die Handwerks-Novelle von 2003 bewirkte einen Gründungsboom: Der IFHandwerk e.V. streitet seit seiner Gründung für die Abschaffung des Meisterzwangs in Deutschland. Die Liberalisierung wollte mehr Existenzgründungen bewirken und hat dieses Ziel erreicht. Mit der Abschaffung des Meisterzwangs wurde ein Gründungsboom ausgelöst, wie er von uns vorausgesagt worden ist. Die Zahl der im deregulierten Bereich neu entstandenen Betriebe hat sich mehr als verdreifacht: von 74.940 auf 244.273 von 2003 bis 2017. Jetzt will man plötzlich weniger Wettbewerb, obwohl Handwerker im Markt dringend gesucht werden.
  • Das missverstandene „Prinzip Freiheit“: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen… Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden“, schreibt Artikel 12 des Grundgesetzes vor (Freiheitsprinzip). Die Ausnahme dieser Freiheit ist der Meisterzwang § 1 HWO. Ausnahmebewilligungen oder das Altgesellenprivileg sind die Ausnahme der Ausnahme: Die freie Berufswahl ist Ihr Grundrecht. Es gibt für Sie also keinen Grund, als Bittsteller bei Handwerkskammern aufzutreten. Schließlich geht es um das Ihnen von der Verfassung zugesprochene Freiheitsgebot. Damit gilt eine vom Bundesverfassungsgericht geforderte Großzügigkeit, wenn Sie auch ohne Meisterbrief in die Handwerksrolle eingetragen werden wollen. Statistisch kann aber in der Praxis von dieser Großzügigkeit keine Rede sein
  • Rechtsklarheit statt Willkür: Im Handwerksrecht ist so gut wie alles umstritten. Unklare Gesetzesregelungen setzen Selbstständige ständigen Gefahren aus. Das Rechtsstaatsgebot nach Art. 20 GG, ein zweites Grundrecht, verlangt jedoch, dass es diese Unklarheiten, bei denen nicht einmal Experten klar sagen können, was erlaubt und was verboten ist, gar nicht geben darf. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil gerade wieder eindrücklich bestätigt. Das gilt nicht nur fürs Handwerksrecht, sondern auch fürs Steuerrecht oder solche Regelungen wie die Soka-Bau-Abgabenpflicht. Eigentlich dürfte es diese Ärgernisse und Bürokratiehürden gar nicht geben. Im Klartext: Eine Rückvermeisterung wird mehr Bürokratie bewirken und ist deshalb rechtswidrig.
  • Ein sehr wichtiges Argument: Handwerkskammern können nicht für das gesamte Handwerk sprechen: Unsere Mitglieder wissen, dass beim Meisterzwang nur die Interessen der Meister-Lobby vertreten werden. Die Meisterlobby hat in vielen Kammern schon heute keine Mehrheit mehr. So stellen z.B. in der Handwerkskammer Hamburg die Zahl der zulassungspflichtigen Anlage-A-Gewerke nur noch 40,5% der Betriebe. Von diesen sind aber viele keine inhabergeführten Meisterbetrieben mehr, sondern werden von Altgesellen, Handwerkern mit Ausnahmebewilligungen oder Ingenieuren geführt. Zieht man also von den 40,5% diese ab, stellt die Meisterlobby noch ein Drittel aller Betriebe im Handwerk. Damit ist klar: Wer für den Meisterzwang eintritt, vertritt längst nicht mehr die Mehrheit der Kammerbetriebe.
  • Ausbildungsleistung: Ja, die Ausbildungsleistung geht zurück. Sie geht aber nicht zurück, weil der Meisterzwang für 53 Gewerke abgeschafft wurde. Der Lehrlingsbestand ist seit Jahren rückläufig, weil sich der Lehrlingsbestand überall in der Wirtschaft dramatisch verringert hat. Es gibt nämlich insgesamt einfach weniger Lehrlinge und Ausbildung ohne Meisterbrief wird zusätzlich erschwert. Eine Aussetzung der Ausbildereignungsprüfungspflicht, das hatten wir schon mal, würde hier die Not etwas lindern. Der Lehrlingsmangel und daraus folgend der Fachkräftemangel darf jedenfalls auf keinen Fall dafür benutzt werden, unseren Mitgliedern das Handwerk zu untersagen. Nur damit die Meisterzwang-Befürworter sie wieder in Lohn und Brot (abhängige Beschäftigung) zwingen können.
  • Fachkräftemangel: Fachkräfte entstehen nicht nur durch mehr Ausbildung. Viele Fachkräfte, gerade in innovativen, neuen Wirtschaftszweigen, sind Quereinsteiger, Erfinder und Tüftler. Das zeigt die Geschichte der industriellen Revolution: Die war nur möglich, weil der Zunftzwang aufgehoben wurde. Das lehrt auch der Aufschwung der digitalen Revolution. Das Smartphone wurde von Apple in Amerika und nicht von deutschen Radio- und Fernsehtechnikern entwickelt. Hier hätte die Handwerkskammer die innovative Garagenfirma ohne Meisterbrief kurz nach der Gründung zwangsweise geschlossen. Am besten erklärt diese absurde Denkweise das bekannte Sprichwort: Übung macht den Meister. Nur nicht in Deutschland. Hier macht es angeblich nur die Meisterprüfung.
  • Meisterzwang als Wettbewerbsverzerrung: Das Handwerksrecht ist gerade wegen seinen unklaren Abgrenzungen hervorragend geeignet, um unliebsame Wettbewerber anzuzeigen und aus dem Rennen zu boxen. Das zeigen Praxis-Fälle unserer Mitglieder Joachim und Ronny, die von den Ordnungsbehörden regelrecht erpresst werden. Der Meisterzwang ist nicht nur eine Wettbewerbsverzerrung, sondern ein Beitrag zu mehr Bürokratie – und nicht weniger, wie gerade die CDU/CSU so gerne im Wahlkampf fordert.

Rückvermeisterung: Meisterzwang für alle? Bundestagsdebatte am Donnerstag

Die AfD probt die Rolle rückwärts bei der Wiedereinführung des Meisterzwangs. Gleich 53 Gewerke sollen wieder rückvermeistert werden

Der Geschäftsführer des IFHandwerk e. V., Michael Wörle zum Antrag der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag „Meisterpflicht wieder einführen – Handwerk stärken“ (Drucksache 19/4633), die am Donnerstag im Deutschen Bundestag beraten wird:

„Die AfD probt die Rolle rückwärts: Der 1935 wieder eingeführte Meisterzwang wurde 2004 von der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder gelockert. Seitdem hat sich die Zahl der Handwerksbetriebe um mehr als 150.000 erhöht – gut für den Verbraucher, schlecht für nicht gut aufgestellte Meisterbetriebe. Die neuen Anbieter braucht die Bauwirtschaft in Deutschland dringend. Eine ‚Rückvermeisterung‘ würde viele Betriebe vom Markt nehmen. Den Befürwortern der Rückvermeisterung geht es nicht um Qualität oder die Fürsorge für angeblich schlecht abgesicherte Solo-Selbstständige, sondern um eine von der Öffentlichkeit bisher nicht wahrgenommene interne Machtverschiebung in den Handwerkskammern selbst, die die Speerspitze des Meisterzwangs sind.“ Denn die Statistik zeigt: Die Alleinherrschaft klassischer Handwerksmeister wird durch diese Machtverschiebung gebrochen. So stellten sie noch in den 80er Jahren 90 Prozent aller Mitgliedsbetriebe der Kammer. Heute sind das nur rund 57 Prozent. Michael Wörle: „Die Kammern wollen um jeden Preis eine weitere Machtverschiebung verhindern. Ich verstehe allerdings nicht, wieso die Meisterzwangbefürworter die Debatte nun von der AfD anführen lassen.“

Der Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla schreibt auf der Homepage der AfD: „Endlich gibt es ein Thema, bei dem wir jetzt alle einer Meinung sind.“ Michael Wörle: „Nein, sind wir nicht. Für so viel ungewohnte Harmonie mit der AfD ist es viel zu früh.“

Zu den Fakten: Im Durchschnitt sind deutschlandweit die zulassungsfreien Betriebe (Anlage B1 und B2 der Handwerksrolle) von knapp 10% auf 43% der Mitgliedsbetriebe angewachsen. Damit stellt sich schon heute in vielen Kammern, besonders in den östlichen Bundesländern, die Machtfrage. Dort haben in einigen Kammern bereits die Betriebe ohne Zulassungspflicht die Mehrheit. Damit könnten Betriebe ohne Meisterbrief im Handwerkskammerparlament die nächste Kammerführung wählen. Das trifft den Kern der Machtstrukturen im Parlament der Handwerkskammern.

Über den IFHandwerk:

Der IFHandwerk e.V. ist ein Verband kritischer Handwerkerinnen und Handwerker, der sich für die Fortsetzung der bisherigen Liberalisierung des Handwerks- und Gewerberechts stark macht, um Existenzgründungen zu erleichtern und die Benachteiligung deutscher Handwerker im europäischen Binnenmarkt zu reduzieren. Er tritt für die Aufhebung des Meisterzwangs und eine freiwillige Mitgliedschaft in Handwerkskammern ein.

Rolle rückwärts: Wird eine Rückkehr zum Meisterzwang kommen?

Die „Fünf Weisen“, wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung genannt wird, mahnen immer wieder an, dass wettbewerbsfeindliche Strukturen in der Wirtschaft, nicht nur im Handwerk die wirtschaftliche Entwicklung und Dynamik in Deutschland schwächen. Während die demografische Entwicklung dringend Zuwanderung braucht (also mehr Arbeitskräfte!), hat sich die Lage im Handwerk insofern verändert, dass der Fachkräftemangel einen Engpass erzeugt hat, der das Interesse an Existenzgründungen möglicherweise verringert. Die Meisterlobby setzt sich seit 14 Jahren dafür ein, die Abschaffung des Meisterzwangs 2003 wieder rückgängig zu machen.Wird sie Erfolg haben?

Eine Einschätzung:

2003 wurde die Abschaffung des Meisterzwangs für 53 Handwerksberufe gerade damit begründet, dass das deutsche, in Europa untypische Ausbildungssystem im Handwerk mit gleich zwei Zutrittsschwellen (Gesellenprüfung und Meisterprüfung als Teil der Berufszulassung) europafest gemacht werden sollte. Und die OECD sowie die Fachleute vom Sachverständigenrat und der Monopolkommission fordern eine Abschaffung des Meisterzwangs und die Zwangsmitgliedschaft in den Handwerkskammern. Eine Gegenbewegung um den CDU-Abgeordneten Linnemann und der Handwerkskammer-Zentralsverband unter Führung von ZDH-Präsident Wollseifer gehen die „Rolle Rückwärts“, die „Rückvermeisterung“, jedoch strategisch an. Mehrere von ihnen in Auftrag gegebene Gutachten sollen ihnen Schützenhilfe geben, um die Front der Liberalisierungsbefürworter aufzuweichen und die internationalen Gremien zu überzeugen. Gerade letzteren ist kaum zu erklären, warum Deutschland hier Berufsschranken errichtet, die es in anderen Ländern nicht gibt. Und solche Schranken sind immer auch ein Hindernis im europäischen Binnenmarkt, weil sie den freien Handel mit Dienstleistungen erschweren oder verhindern. Wollseifers Argumentation geht so weit, dass er nicht nur für „fairen“ Wettbewerb plädiert (meint: die anderen Dienstleister im Binnenmarkt sollen sich an die deutschen Regeln halten). Im Interview der Deutschen Handwerkszeitung argumentierte er auch noch sozialpolitisch:

„Was passiert denn, wenn die vielen schlecht verdienenden und teilweise nicht kranken- und sozialversicherten Soloselbstständigen der Anlage B einmal krank werden oder in Rente gehen?“ Na eben. Dann sollte man freien Handwerkern ohne Meisterbrief ihre Selbstständigkeit zu ihrem eigenen Schutz lieber gleich ganz verbieten. Woanders fordert die Meisterlobby immer Zuschüsse vom Staat (z.B. Diesel-Umrüstung), hier fordert sie – wie immer – das Verbot der Selbstständigkeit. Wir erinnern daran: die freie Berufswahl ist ein Grundrecht. Der Meisterzwang ist die Ausnahme von der Berufsfreiheit. Nicht umgekehrt. Schon vergessen?

Wie schwer sich die Meisterlobby tut, den Meisterzwang wieder einzuführen, zeigt, dass sie seit 14 Jahren hier kaum Erfolge zu verzeichnen hatte. Das aber heißt nicht, dass sie sich jetzt durchsetzen wird. Man wird sehen, ob einzelne Berufe wie die Fliesenleger wieder in die Anlage A übernommen werden. Nicht weil der Beruf gefahrengeneigt ist und damit der Endverbraucher geschützt werden müsste. Sondern weil hier die Zahl der Existenzgründungen (und damit subjektiv der Druck aus Sicht der Liberalisierungsgegner) am größten ist. Dass alle freien Berufe meisterpflichtig werden, ist eher nicht zu erwarten. Nicht, solange die Europäische Union existiert oder Fachleute wie der Sachverständigenrat keine Kehrtwende vollziehen.

Meisterzwang in der Diskussion

Einen Griff in die Mottenkiste nennt Reinhold von Eben-Worlee vom Verband der Familienunternehmer die neue Diskussion um den Meisterzwang. Der MIT-Vorsitzende Carsten Linnemann (CDU) befürwortet die Wiedereinführung des Meisterzwangs und der Präsident der Handwerkskammer springt ihm bei. Oder ist es vielleicht umgekehrt? Die Handwerkskammern schicken den CDU-Abgeordneten Linnemann vor, damit der alte Zustand wieder hergestellt wird? Egal, es soll wieder diskutiert werden.

Der Familienunternehmer argumentiert in einem sehr lesenwerten Artikel der „Frankfurter Rundschau“, dass man mit neuen Berufszugangshürden weder mehr Ausbildung fördert zur Behebung des Fachkräftemangels noch die ohnehin schon prekäre Weitergabe von Familienunternehmen an die nächste Generation.

Link zum Artikel: http://www.fr.de/politik/meinung/gastbeitraege/meisterzwang-im-handwerk-meister-der-regulierung-a-1561697

Meisterzwangsbefürworter Carsten Linnemann dagegen argumentiert, dass man nur mit einer Stärkung des Meisterzwangs für viele der ca 50 freien Handwerksberufe die duale Berufsbildung stärken könne. Dem hält der Familienunternehmer Eben-Worlee dagegen, dass ein Berufsabitur hier viel mehr helfen könne und er führt fort: „Ein 30 Jahre alter Meisterbrief kann angesichts rasanter technischer Entwicklungen sehr wenig wert sein, wenn sich der Meister im Laufe der Jahre nicht weitergebildet hat.“

Das Bundeswirtschaftsministerium unter Führung des neuen Wirtschaftsministers Peter Altmaier hingegen propagiert zwar eine Gründungsoffensive, so viel Markt und so wenig Bürokratie wie möglich, Begeisterung für Selbstständigkeit und Mut und mehr Wertschätzung für Unternehmertum. Wie man jedoch Entbürokratisierung zusammen mit neuen Berufszugangshürden wie dem Meisterzwang zusammen bringen will, konnte das Ministerium auch unter seinen Vorgängern nicht erklären. Die „Prüfung läuft derzeit“, ob der Meisterzwang für die seit 2004 frei gewordenen Handwerksberufe zurückkehren soll, erklärte Altmaiers Pressesprecher Phillip Jornitz. Wir sind gespannt.

Dass Entbürokratisierung für findige Handwerker ohne Meisterbrief in der Praxis Hausdurchsuchung, Kundenschädigung und Rechtsunsicherheit bedeutet, wurde bis heute nicht beseitigt. Hier hat die Bundesregierung noch einiges zu leisten, bevor wir von einem gründerfreundlichen Land sprechen können. Das gilt auch für die geplante Rentenversicherungspflicht oder gerade für Existenzgründer wichtige Gleichstellung bei der Berechnung von Krankenversicherungsbeiträgen.

Krankenkassenbeiträge für Selbstständige werden gesenkt.

Es kommt Bewegung in das ungerechte System der Krankenkassenbeiträge für Selbstständige. Das Fernsehmagazin „Plusminus“ hat über den Skandal der Beitragsberechnung berichtet, der neue Gesundheitsminister Spahn hat seinen Gesetzentwurf schon fertig und will ab nächstem Jahr für die gesetzlich Versicherten insgesamt Beiträge senken. Der neue Mindestbeitrag soll 171,28€ betragen.

Das Fernsehmagazin „Plusminus“ zeigte anschaulich an zwei Beispielen, wie ungerecht das System bislang ist und wie sehr Selbstständige benachteiligt werden. Claudia von Niessen ist selbstständig seit 20 Jahren. Ihr Einkommen ist abhängig von regulierten Vergütungssätzen, die nicht erhöht, sondern stattdessen gesenkt wurden. Mit zunehmendem Alter verdient sie nur noch 750€ monatlich. Davon muss sie 427€ an die Krankenkasse abgeben. Der Grund: Die Krankenkasse legt bei der Beitragsberechnung nicht ihr reales Einkommen zugrunde, sondern ein fiktives Mindesteinkommen von derzeit 2.284€ . „Je weniger Einkommen man hat, desto mehr Krankenkassenbeiträge zahlt man prozentual“, meint Claudia von Niessen. Der neue Gesundheitsminister Spahn hat nun endlich das Thema angepackt und will das fiktive Mindesteinkommen ab 2019 halbieren. Das geht der BAGSV, einem Zusammenschluss von 20 Verbänden, zu dem auch der IFHANDWERK e.V. gehört, nicht weit genug. Die Verbände fordern einen wirklich einkommensabhängigen Beitrag, der bei niedrigem Einkommen so niedrig sein muss wie auch bei geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern. Denn Selbstständige müssen ja auch noch den Arbeitgeberanteil selbst aufbringen. Den Krankenkassen wiederum geht das viel zu weit. Sie befürchten, dass dann die sog. „schlechten Risiken“ (die Kranken) in der gesetzlichen und die „guten Risiken“ (die Gesunden) in der privaten Krankenversicherung landen, was sie unsolidarisch fänden. Deshalb wollten sie nur eine Absenkung der Bemessungsgrundlage auf 1.500€ (Mindestlohnniveau als Solidarprinzip) akzeptieren. Das Bundeskabinett hat sich jedoch schon festgelegt, der Bundestag muss aber noch zustimmen.